Gesetzliche Neuerungen, insbesondere wenn sie Interpretationsspielräume offen lassen, führen zu Verunsicherungen. Eines der grundsätzlichen Ziele einer Gesetzesneuerung sollte doch sein, dass mit dieser mehr Klarheit geschaffen wird. Bereits vor der Veröffentlichung des neuen §97a UrhG war man sich schnell einig – Ziel verfehlt.
Bspw. herrscht Uneinigkeit darüber, wann denn tatsächlich eine Unbilligkeit im Sinne des §97a Abs. 3 S. 4 UrhG vorliegt und ob der Streitwert tatsächlich zwingend auf maximal 1.000 € festzulegen ist oder ob die neben dem Unterlassungsanspruch geltend gemachte Schadensersatzforderung den Streitwert noch um die entsprechende Summe erhöhen kann? Ein Vorgehen, wie es bspw. Waldorf Frommer praktiziert?
Die Kanzlei Sasse und Partner befindet sich scheinbar bzgl. der gesetzlichen Neuerungen auch noch im Experimentierstatus. Vor zwei Wochen wurde in einer Abmahnung für die WVG Medien GmbH die anwaltlichen Aufwendungen aus einem Streitwert von 15.000 € berechnet, da Unbilligkeit vorliegen würde. Aktuell liegt mir eine Abmahnung für die Splendid Film GmbH – „The Last Stand“ – vor, in der nur der Streitwert von 1.000 € zugrunde gelegt wird. Vor zwei Wochen hieß es noch, eine Unbilligkeit liegt definitiv vor. Jetzt geht man den Münchner Weg (Waldorf Frommer) und führt aus, dass die Unbilligkeit wohl vorliegen würde, man aber im Sinne einer schnellen außergerichtlichen Lösung mit der Anwendung des §97a Abs. 3 S. 2 UrhG einverstanden sei. Wie edel.
Für den Film The Last Stand wird nun „nur“ noch eine außergerichtliche Pauschale von 600,00 € aufgerufen. Aktuelle Folgen von The Walking Dead kosteten vor zwei Wochen noch 800,00 €. Ich bin mal gespannt, ob hier der Preis auch noch sinkt, oder ob man auch zukünftig bei The Walking Dead Staffel 4 mit dem Argument, dass die Staffel in Deutschland noch nicht einmal veröffentlicht ist, 800,00 € Schadenspauschale fordern wird. The Last Stand ist bei uns bereits seit 31.05.2013 käuflich zu erwerben.
Achtung – weiterhin liegen den Abmahnungen von Sasse und Partner keine vorformulierten Unterlassungserklärungen mehr bei. Die Abgabe einer falschen Unterlassungserklärung kann teuer werden, wenn es deswegen zu einer einstweiligen Verfügung kommen sollte. Wenn man sich damit nicht auskennt, sollte man die Unterlassungserklärung von einem spezialisierten Anwalt anfertigen lassen, sofern eine Haftung besteht. Wenn Sie Fragen haben und Hilfe benötigen, können Sie sich gerne mit uns in Verbindung setzen.
„Die Höhe der Abmahnkosten sind jedoch lediglich i.H.v. 100,00 € begründet, da insoweit § 97a Abs. 2 UrhG einschlägig ist, der normiert, dass für den Fall einer erstmaligen Abmahnung in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs die erstattungsfähigen Aufwendungen auf 100,- € beschränkt sind.
Wer auf eine Abmahnung nicht reagiert oder nur eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen abgibt, gibt dagegen regelmäßig Anlass zur Klage. In Internetforen liest man mitunter von Personen, die auf Abmahnungen nicht reagierten und trotzdem nicht gerichtlich in Anspruch genommen wurden. Das ist schön für alle, bei denen das zutrifft. Wer so verfährt, muss sich allerdings darüber im Klaren sein, dass er mit dem Feuer spielt. Wer verklagt wurde, sollte die Klage unbedingt von einem fachkundigen Rechtsanwalt prüfen lassen und erst im Anschluss entscheiden, ob er die Klage anerkennt oder sich verteidigt.