Unserer Kanzlei liegen mittlerweile etliche Verfügungen des Amtsgerichts München in den Filesharing-Klagen der Kanzlei Waldorf Frommer vor. Auffällig ist dabei der offensichtliche Wunsch des Gerichts, diese lästigen Fällen schnellstmöglich wieder vom Tisch zu bekommen. Stellvertretend für all die lieben Hinweise des Amtsgerichts München sei dieser Hinweis angeführt:
„Die Fortsetzung des Rechtsstreits stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zu einem etwa möglichen, zusätzlichen Erfolg der Parteien.“
Mit anderen Worten: Vergleiche dich, Abgemahnter, auch wenn du den Rechtsstreit gewinnen solltest. Es bringt dir nämlich nichts, da wir dich in jedem Fall laden werden. Und dann? Dann werden die Reisekosten alle anderen Kosten auffressen und der Dumme bist du!
Soviel zur derzeitigen Rechtsfindung vor dem Amtsgericht München.
Leider hat das Amtsgericht München die Rechnung ohne die scheinbar unbelehrbaren Abgemahnten gemacht. Aktuell liegt uns ein Fall vor, in dem der Anschlussinhaber den Verstoß nicht begangen hat. Dieser Mensch denkt nicht im Traum daran, den angebotenen Vergleich anzunehmen, während Waldorf Frommer die Annahme unmittelbar nach Zustellung des Vergleichsvorschlages bereits erklärt haben. Wieso auch nicht? Der Abgemahnte soll 800 Euro UND die Kosten des Rechtsstreits zahlen. Selten fällt ein Verzicht so einfach.
Wir bleiben am Ball.
Zitat: „“Die Fortsetzung des Rechtsstreits stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zu einem etwa möglichen, zusätzlichen Erfolg der Parteien.”
Zu dieser Einschätzung des AG München passt auch die Pressemitteilung des gleichnamigen Gerichts vom 16.11.2011:
http://www.justiz.bayern.de/gericht/ag/m/presse/archiv/2011/03259/
In dem Zusammenhang vielleicht interessant:
Zur Nichterstattung von Reisekosten in Filesharing-Angelegenheiten bei „missbräuchlicher“ Wahl des Gerichtsstands
AG München, Beschluss vom 10.07.2012, 142 C 32827/11
„Die Partei entschied sich mit dem vorher aufgesuchten Rechtsanwalt für den Gerichtsstand München. Das durfte sie auch. Die Frage ist jedoch, ob die dadurch anfallenden erheblichen Reisekosten von der Gegenseite auch zu erstatten sind. Dies ist meines Erachtens zu verneinen. Es handelt sich nicht um notwendige Kosten im Sinne von § 91 ZPO. Die Partei hätte mit ihrem Anwalt auch den Gerichtsstand Kiel oder ein Gericht zumindest in der Umgebung auswählen können, ohne dass dadurch ein Nachteil gedroht hätte. Im Zeichen der Prozessökonomie gilt das Gebot, so kostengünstig wie möglich zu prozessieren (Zöller, § 91 ZPO RdNr. 13 „Wahl des Gerichtsstandes“). Dies ist im vorliegenden Fall bei den unverhältnismäßig hohen Reisekosten nicht erkennbar. Es ist nicht notwendig, den Gerichtsstand ausgerechnet am anderen Ende Deutschlands auszuwählen. Ein sachlicher Grund hierfür wurde nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar, da jeder örtliche Bezug fehlt.“
http://hagendorff.org/2012/07/16/ag-munchen-reisekosten-des-prozessbevollmachtigten-bei-auslandischer-partei-nicht-zu-erstatten-wenn-ohne-grund-an-einem-ganz-anderen-ort-geklagt-wird/
Es passt gut in das Bild, dass das AG München mit seiner Einladung zur Güteverhandlung direkt eine Summe angibt, mit der dann sämtliche Forderungen abgegolten seien.
Die Vorstellung, so viele Klagen mit einem ausführlichen Urteil bedienen zu müssen, scheint für das AG München keine angenehme zu sein. Und sicher auch der Gedanke, auf einzelne Argumente eingehen und diese zwar zugunsten der abmahnenden Kanzlei, aber dann auch nach aussen hin juristisch begründen zu müssen. Das könnte bei dem ein oder anderen Punkt zu ungewollten Berufungen der unterliegenden Beklagten am Landgericht führen.
Dass einige Richter des AG München die sich sträubenden Beklagten mit unter anderem dem Argument der finanziellen Unverhältnismässigkeit mehrfach nahezu zum Vergleich drängen wollen, das habe ich schon des Öfteren zu hören und zu lesen bekommen. Von Beklagten und von Anwälten.
Das Gericht meint damit m.E. wohl eher die Kosten einer Beweisaufnahme.
Bin in einem Verfahren beim AG München derzeit in der Beweisaufnahme. Sachverständigenvorschuss: 6000 EUR.
6000 Euro für ein Sachverständigengutachten in einem Filesharingprozess? Wenn dem so ist, wäre das mE nicht nur unverhältnismäßig, sondern hätte einen generalpräventiven Charakter. Urteilsverhinderung um jeden Preis. Schön, dass es Mandanten gibt, die weder Kosten noch Mühen scheuen. Nur so kommen wir in diesem Sumpf weiter. Viel Erfolg!
Nur der Vollständigkeit halber.
Den Vorschuss von 6.000.- € bezahlt der KLÄGER (bzw. vermutlich Herr Frommer aus seiner „Portokasse“)
In unserem Fall mit Abmahnung aus dem Jahr 2007 waren es ebenso 6.000€.
4.000 auf Seiten Waldorf Frommer, 2.000 auf unserer Seite.
Die 4.000€ für die Untersuchung des Netzwerkmitschnitts von iPoque, die 2.000€ für die Untersuchung unserer noch vorhandenen alten Festplatte.
Zuzüglich 500€ Auslagenvorschuss für meine Zeugenaussage.
Wir haben einbezahlt. Waldorf Frommer nicht.
Klagerücknahme.
Gute Sache! Das sieht man, dass es sich lohnen kann, das Spiel zu Ende zu spielen, anstatt bereits im Vorfeld zu kapitulieren. Die Filesharingfälle lassen sich eben nicht über einen Kamm scheren und viele Fälle bieten vor allen Dingen in materieller Hinsicht Angriffspunkte, die bisher nicht von den Gerichten umfassend geprüft wurden. Die Störerhaftung, die immer wieder inflationär herangezogen wird, entbehrt mE jeglicher vertretbaren Grundlage. Dies könnte noch für Diskussionsstoff unter den Juristen sorgen. Wir werden verstärkt darauf eingehen.
Nur zum Verständnis:
2007 verfolgten noch die Staatsanwaltschaften filesharing-Fälle.
1.Seid ihr neben der Zivilklage von WF auch strafrechtlich angeklagt worden?
2.Wann hat WF gegen euch geklagt und wann zurückgezogen?
Danke für eine Antwort
hpb
Man könnte fast den Eindruck bekommen, das AG München arbeitet hier auf Provision für die Musikindustrie. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass Gerichte in Frankfurt, Hamburg, Berlin durchaus differenzieren und zunehmend höhere Anforderungen stellen. Die Krönung der Absurdität war sicherlich letztes Jahr die Verurteilung der Rentnerin vom AG München, welche ohne Router einen Hooligan-Film runtergeladen haben soll.
Kein Wunder, dass WF & Co sofort beim AG München klagen. Da könnte es bei Bestreiten wirklich sinnvoll sein, wenn man selbst beim AG seiner Wahl zuvor negative Feststellungsklage erhebt, so dass eben nicht in München durchverglichen wird, und TExtbaustein auf Textbaustein (von WF und dem Gericht) folgt….
Ich bin von WF abgemahnt worden für die Bereitstellung eines kommerziellen Films bei einer Tauschbörse. Habe ich natürlich nicht bereitgestellt. Kenne den Film gar nicht, mache so etwas nie.
Am 26. 03.13 bin ich zur Verhandlung beim AG München geladen. Wenn ich gewinne, muss ich die Auslagen für Anreise und Übernachtung dennoch selbst tragen?
München ist schön – aber so schön auch wieder nicht.
Wenn man über solche Richter und Sachverständige liest, dann macht man sich eh Gedanken, WEN so was WIEVIEL gekostet hat.
http://bit.ly/YmVeMU
866-826-4101…