Berge und Recht – Wer haftet bei Unfällen?

In den letzten Tagen bin ich als Bergsteiger und Anwalt in einer Person des öfteren gefragt worden, wie denn die Unglücke der jüngsten Vergangenheit juristisch einzuordnen seien. Es wurden immer wieder Fragen aufgeworfen, ob sich die Bergführer oder Reiseveranstalter der Bergtouren zivilrechtlich und strafrechtlich verantworten müssten.Haftung Bergunfall

Grundsätzlich ist es so, dass eine Haftung der Reiseveranstalter, Bergführer oder sonstiger Personen, die für das Gelingen der Touren vorgesehen sind nur dann in Betracht kommt, wenn Sorgfaltspflichten oder Sicherheitsstandards missachtet wurden. Dies muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden. Hat der Veranstalter der Bergreise ausdrücklich auf alle Gefahren der Tour hingewiesen?  Wurden die Sicherheitsstandards bei der Lawinenbeurteilung eingehalten? Wurden die Angaben über die Kondition der Teilnehmer oder deren persönliches Können vor der Tour-Teilnahme überprüft? Waren die Teilnehmer richtig angeseilt? etc. pp..

Jamtal – Lawinenunglück

Kommt es hier seitens der Veranstalter und Tourleiter zu Verfehlungen kann dies sowohl zivil- als auch strafrechtliche Folgen nach sich ziehen, wie auch das Jamtalunglück vom 28.12.1999 und die nachfolgenden Gerichtsverfahren zeigten. Bei dem Lawinenunglück kamen neun Menschen ums Leben. Eine überlebende Witwe verklagte daraufhin den Reiseveranstalter auf Schmerzensgeld und Schadenersatz und die Zahlung einer Geldrente. Im Ergebnis bekam die Witwe Recht. Auch wurde ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 18.000 Euro zugesprochen. Die Bergführer wurden strafrechtlich freigesprochen.

Haftungsausschluss durch AGBs?

Reiseveranstalter sollten darauf achten, dass Warnhinweise zur jeweiligen Tour nicht im Kleingedruckten stehen dürfen. Im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen können die speziellen Haftungsrisiken jedenfalls nicht ausgeschlossen werden.
Dies gilt für alle Reiseveranstalter, die potentiell gefährliche Reisen anbieten.  Daher sollten die Prospekte bei jeder Tourenbeschreibung überarbeitet und daraufhin geprüft werden, ob die Risiken zur jeweiligen Reise oder Veranstaltung deutlich hervorgehoben wurden. Fehlen diese Gefahrenhinweise oder sind diese nicht eindeutig genug, kann eine Haftung ausgelöst werden. Angaben über Kondition oder persönliches Können sollten ebenfalls vom Veranstalter vor der Tour über jeden Teilnehmer eingeholt werden.

Die Grenze zwischen gerade noch angemessenem und fahrlässigem Verhalten ist in der Praxis oftmals fließend. Die Veranstalter stehen unter einem enormen Konkurrenzdruck. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass es im Zweifel um das Wohl und Wehe der Teilnehmer geht, die glücklich und zufrieden wiederkehren sollen.

Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins