Datenschutz? Selbst schuld!

Facebook Messenger angeblich voller Spyware – der Online-Bürger ist nackt!

DatenschutzNach einem Bericht von Tarnkappe.info, hat der Sicherheitsexperte Jonathan Zdiarski die Facebook Messenger App untersucht und oh Wunder, laut seiner Aussage, enthalte die App mehr Routinen zur Beschattung der Nutzer, als bei Produkten, die offiziell zur Überwachung eingesetzt werden. Unter anderem soll die App Informationen über die jeweilige W-LAN Umgebung überliefern, das Klickverhalten der User mitteilen und ob ein Smartphone / Tablet hochkant oder quer gehalten wird.

Wir haben schon selbst unsere Erfahrung mit dem Facebook Messenger gemacht. In einer Facebook Chat Gruppe von sechs Leuten habe ich einen Link zu unserer Chrome Erweiterung „Atomshot“ im Chrome Web Store gepostet. Dieser Link wurde wie aus Geisterhand gelöscht und nur der Hinweis hinterlassen, dass der Link wegen Spams gelöscht worden sei. Wir reden von einer „geschlossenen“ Chat-Gruppe und keiner der Beteiligten hatte den Link als Spam markiert. Hier hatte scheinbar der Facebook-Algorithmus seine Finger im Spiel – so viel zum Thema Privatsphäre bei Facebook. Google ist doof, daher kann es ja nur Spam sein ;-).

Datenschutz, insbesondere in Facebook ist er immer wieder ein großes Thema. Besteht denn aber tatsächlich der Glaube daran, dass ein solcher wirklich effektiv gewährleistet werden kann? Die User wollen die neuen Produkte und die Möglichkeiten, die solche bieten. In der Regel ist ihnen der Datenschutz egal, es kommt nur auf die Usability an. Was einfach zu Händeln ist, wird auch genutzt. Die persönlichen Daten werden überall freiwillig preisgegeben. Wenn man ehrlich zu sich selbst ist, werden die wenigsten von sich ernsthaft behaupten können, dass sie Facebook, Amazon, Google und Co. nicht schon selbst freiwillig und bewusst sensible Daten überlassen haben.

Zukünftig kommen noch die ganzen Haushaltsdaten hinzu. Die Tech-Industrie ist daran interessiert, die Gerätschaften des Haushalts für uns „intelligent“ zu machen. Alles vernetzen und noch mehr Daten. Die iWatch und Co., unsere zukünftigen Health-Begleiter, werden alle wichtigen Gesundheits-Daten von uns sammeln – natürlich nur zu unserem Besten. Unsere Krankenversicherungen sind sicherlich auch schon daran interessiert.

Der richtige Aufschrei wird erst dann kommen, wenn diese Daten flächendeckend gegen uns verwendet werden – Cyber-Filme wie „Das Netz“ oder „Der Staatsfeind Nr. 1“ sind inzwischen gar nicht mehr so Cyber. Der Irrglaube von kostenlosen  Apps – kostenlos heißt nicht ohne Gegenleistung. Es ist richtig, für viele muss man kein Geld zahlen, aber mit einer zukünftig wesentlich härteren Währung – deinen Daten.

Für die totale Überwachung haben wir und die Tech-Industrie selbst gesorgt, dafür bedarf es keiner NSA, BND, etc. Der Haushalt ist vernetzt, die Autos werden vernetzt und wenn man draußen in der Natur ist, liefern Smart-Watches und Smartphones immer noch genug Daten. Die Gesellschaft hat die totale Überwachung doch billigenden in Kauf genommen – die Büchse der Pandora lässt sich so leicht nicht mehr schließen.

Es macht doch inzwischen keinen Sinn mehr darüber zu spekulieren, ob wir überwacht werden und ob gegen den Datenschutz verstoßen wird. Man sollte sich vielmehr darüber Gedanken machen, wie verhalte ich mich zukünftig als Online-Bürger in der zweiten Realität. Die wenigsten rennen im tatsächlichen Leben nackt und pöbelnd durch die Straßen und teilen auch nicht jedem Dahergelaufenen ihre intimsten Geheimnisse mit. In der Cyber-Realität scheint dies aufgrund einer irrig angenommenen Anonymität Gang und Gebe zu sein. Der Normalo-Internet-User – ich rede hier nicht von dem PC-Versierten-User, der mit Verschlüsselungen, VPN, etc. arbeitet – muss sich einfach klar machen, dass auch der hochgepriesene Datenschutz nicht verhindern kann, dass wir zum gläsernen (nackten) Online-Bürger werden, wenn man sich nichts anzieht. Nackt ist nackt. Geht man nackt auf die Straße, dann wird man auch dementsprechend wahrgenommen.

Nicht der mangelende Datenschutz ist unser größtes Problem, sondern unser eigenes kopfloses Handeln.

Von Tobias Röttger

Blogger, YouTuber, Rechtsanwalt und Gesellschafter von gulden röttger | rechtsanwälte. Meine Steckenpferde sind das Geistige Eigentum, Social Media, Persönlichkeitsrechte, Internet und Musik.