Ist der Weiterverkauf von MP3s illegal?

Über diese Frage streiten der Musikgigant EMI und das Startup Unternehmen ReDigi. Am kommenden Freitag wird ein Gericht in Manhattan eine Entscheidung treffen.

ReDigi betreibt eine Plattform, auf welcher legal erworbene MP3 Dateien weiterverkauft werden können. Nach ReDigi handelt es sich um eine digitale Version eines Second-Hand-Plattenladens. Eine Client-Software verhindert, dass Raubkopien zum Verkauf freigegeben werden können und löscht nach einem Kauf die Originaldatei vom Rechner des Verkäufers. Hierdurch soll verhindert werden, dass einzelne Dateien mehrfach veräußert werden. Das Startup hat bezüglich der Rechtmäßigkeit des Geschäftsmodells keine Bedenken und beruft sich auf die im amerikanischen Recht geltende „First-Sale-Doktrin“, danach ist der Weiterverkauf erworbener Werke erlaubt.

Diese Ansicht teilt EMI nicht. ReDigi betreibe vielmehr Urheberrechtsverletzungen im großen Stil.

EMI hatte in der Vergangenheit Lizenzverträge mit anderen Onlineshops abgeschlossen, in welchen den Onlineshops ein alleiniges Vertriebsrecht eingeräumt wurde. Zudem ist der Musikgigant der Ansicht, dass Musikdateien nicht unter die „First-Sale-Doktrin“ fallen. Es fehle an der Vergleichbarkeit mit Büchern oder CDs. Auch die Funktionsfähigkeit der Client-Software wird bezweifelt. Es sei zu befürchten, dass die Software die Rechtmäßigkeit der MP3s nicht hundertprozentig nachweisen könne.MP3 weiterverkauf

Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet. Beide Parteien wollen ihre Geschäftsmodelle verteidigen. ReDigi möchte an dem bisherigen Konzept festhalten und auch auf dem E-Book-Markt expandieren. EMI ist daran gelegen auch zukünftig ausschließliche Lizenzen an Onlineshops veräußern zu können.

Rechtslage in Deutschland

Fraglich ist derzeit, wie der Weiterverkauf von digitalen Inhalten in Deutschland rechtlich einzuordnen wäre.

Das OLG Stuttgart hat mit Urteil vom 03.11.2011, Az. 2 U 49/11 entschieden, dass eine AGB-Klausel, die den Weiterverkauf eines Download-Hörbuchs untersagt, wirksam sei, so dass demnach der Weiterverkauf von MP3s wohl ebenfalls nicht zulässig wäre.

Diese Rechtsprechung könnte mit dem neuen EuGH – Urteil  zu den gebrauchten Softwarelizenzen jedoch hinfällig sein, Urteil vom 3. Juli 2012, Az.: C-128/11). Der EuGH betonte, dass eine Online-Erschöpfung von Softwarelizenzen sehr wohl möglich und ein Weiterverkauf daher gestattet sei. Sofern man diese Grundsätze auch für den Verkauf von MP3s anwenden würde hätte dies zur Folge, dass der Weiterverkauf von legal erworbenen MP3s zulässig wäre. Es dürfte allerdings offensichtlich sein, dass Software, die zum Arbeitseinsatz gebraucht wird, etwas anderes ist als eine Musikdatei, die zur Unterhaltung dient.

In jedem Fall sollten sich potentielle Verkäufer die AGBs des MP3s –Anbieters durchlesen, bevor die „gebrauchten“ MP3s angeboten werden.

Besteht ein Unterschied zwischen den digitalen Inhalten, die eine rechtliche Differenzierung rechtfertigen?

Nach meinem Dafürhalten dürfte die EuGH Rechtsprechung zur gebrauchten Software  auf den Weiterverkauf von Musikdateien nicht anwendbar sein, so dass ich von einem Weiterverkauf dringend abraten würde.

 

 

 

Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins

2 Kommentare

  1. Vorerst ist ReDigi nur in den USA verfügbar, und selbst dort ist der Dienst umstritten. Die US-Musikindustrie hat bereits Klage eingereicht: ReDigi würde unerlaubte Kopien urheberrechtlich geschützter Werke erstellen. ReDigi kontert mit der First-Sale-Doktrin. Danach ist es erlaubt, dass auch solche Werke ohne Erlaubnis weiterverkauft werden dürften. Es seien ohnehin keine Kopien, sondern Einzelstücke.

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