Diese Vermutung legen unsere Verfahren vor dem AG Koblenz nahe und sind völlig konträr zu den Beobachtungen, die Waldorf Frommer auf ihrer Homepage veröffentlicht haben.
Der Direktor des AG Koblenz Fischer hat nun ein neues Fass (Hinweisbeschluss Az.: 411 C 250/14) aufgemacht und der Inhalt wird den Abmahnkanzleien wahrscheinlich nicht schmecken. In den Fällen, in denen der Abgemahnte nicht Kunde des Accessproviders (bspw. Telekom) ist, sondern eines Resellers (bspw. 1&1), darf die Auskunftserteilung nicht vom Accessprovider kommen, sondern muss direkt vom Reseller an das Gericht übermittelt werden, da ansonsten die Persönlichkeitsrechte des Abgemahnten verletzt werden. Ist ja eigentlich völlig klar, denn der Abgemahnte ist nicht Kunde des Accesproviders (Telekom), sondern des Resellers. Was gehen dem Accessprovider die Daten des Abgemahnten an? Richtig – gar nichts. Der Reseller darf diese Daten nicht an den Accessprovider übergeben, denn gemäß § 112 Abs. 2 TKG ist ihm dies nur gegenüber Gerichten, Strafverfolgungsbehörden, etc. erlaubt.
Erteilt trotzdem die Telekom als Accessprovider – ohne das zwischen Abgemahntem und Telekom ein Vertragsverhältnis besteht – die Auskunft, erfolgt die Ermittlung der streitgegenständlichen IP-Adresse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen des TKG, was ein Beweisverwertungsverbot begründet.
Medienanwalt Tobias Röttger, LL.M. zu den möglichen Auswirkungen dieses Hinweisbeschlusses:
„Wenn diese Auffassung, der ich nur voll und ganz zustimme, Schule macht, wird es für die Abmahnkanzleien wesentlich schwieriger an die Daten zu kommen. Es müsste dann immer zwei Auskunftsbeschlüsse beantragt werden. Einmal gegen den Accessprovider (bspw. Telekom), der dann mitteilen muss, bei welchem Reseller der Inhaber der IP-Adresse unter Vertrag steht und im zweiten Schritt gegen den Reseller selbst, der die Daten des IP-Adressen Inhabers direkt an das Gericht rausrücken muss.
Die Zeit wäre dann der größte Gegner der Abmahnkanzleien.
Regelmäßig werden die Daten, nach denen die Abmahnkanzleien so lechzten, nach 5 bis 7 Tagen gelöscht. Man kann sich vorstellen, dass bei zwei notwendigen Auskunftsbeschlüssen die Zeit ziemlich knapp wird. In vielen Fällen dürften die Daten bei der Reseller-Anfrage nicht mehr vorhanden sein. So ein Mist aber auch.“
Diese Konstellation ist keine Seltenheit. Das AG Koblenz geht sogar davon aus, dass der größte Teil der Internetanschlüsse durch Reseller gestellt werden.
Mir ist bisher noch kein anderes Gericht bekannt, dass diesen Weg eingeschlagen hat. Vor zwei, drei Jahren haben viele Richter und Richterinnen uns in den Verhandlungspausen immer wieder beteuert, dass sie mit der Rechtsprechung, die sie in den Filesharingfällen sprechen müssen selbst nicht immer glücklich sind. Dank einiger Entscheidungen des BGH (Morpheus, Bearshare) wendet sich immer mehr das Blatt. Inzwischen sind die Richter /innen immer mutiger und werden sogar richtig kreativ. Da soll noch einer sagen, Jura ist eine trockne Materie.
Auf gut Deutsch, eine Abgabe der Daten ohne ordnungsgemäßes Rezept ist illegal und dadurch kommt es zumindest in Koblenz für die Abmahnkanzleien und deren Mandanten zu unerwünschten Nebenwirkungen. Nebenwirkungen findet keiner gut.
Erstaunlich, dass diese Überlegungen tatsächlich schon ca. 7-8 Jahre nach Beginn der großen Abmahnwellen angestrengt werden. Aber das Internet ist ja für uns alle Neuland.
1.) mal abwarten, ob sich das überhaupt durchsetzt.
2.) Ich kann ungeachtet aller Ressentiments aber nicht nachvollziehen, wie negativ Anwälte vermeintlicher Abmahn“opfer“ (wie beim Blitzer auf der Straße, alle sind natürlich total unschuldig) sich freuen, wenn den Abmahnern (vor allem Rechteinhabern) das Leben schwer gemacht wird.
Neid, weil man selber gerne die vermeintlichen Millionen verdienen würde wollen??
Schließlich sollte es darum gehen, die Masse an Rechtsverletzungen zu bekämpfen, da einzig und allein die Urheber darunter leiden. Es hört sich so an, als ob dieses Problem verharmlost wird. Würde niemand fremde Urheberrechte verletzen, gäbe es auch keine Abmahnung (vielleicht abgesehen von den ganz wenigen Ausnahmen der Rechtsmissbraucher, die gibts aber überall).
Ich fände es – als Gattin eines Filmers, der auf seine Tantiemen als Urheber dringend angewiesen ist, um leben zu können – angebrachter, wenn man die Ursachen, und nicht die Folgen bekämpft. Das heißt aber auch, dass man den Leuten nicht klar machen sollte, mit welchen Tricks sie sich aus der Affäre ziehen können.
Hallo Birgit, die Filesharing-Verfahren, die von den „Rechteinhabern“ angestrengt werden, kommen mit Sicherheit nicht vordergründig den Urhebern zu Gute, was ja zu begrüßen wäre. In vielen Fällen werden nur die imaginären Anwaltskosten geltend gemacht, wobei wir bezweifeln, dass diese in der geltend gemachten Höhe jemals entstanden sind. Wir freuen uns allenfalls darüber, dass man diesen Abmahnkanzleien das Geld nicht mehr hinterher wirft, sondern die Grenzen durch die geltenden Gesetze aufzeigt.
In jeder Epoche haben die Rechteinhaber Zeter und Mordio geschrien, immer dann wenn neues Teufelszeug auf den Markt kam.
War es zuerst das Grammophon, das die Hausmusik zerstören sollte und das alle, aber wirklich alle Musikinstrumentehersteller in den Ruin getrieben haben, war es wenige Jahre später erst das Radio, dann das Fernsehen, wieder wurden alle Rechteinhaber in den Ruin getrieben.
Dann kam der Cassetenrecorder, auch wieder so ein Sargträger für die armen Rechteinhaber, die, wenn es das schon gegeben hätte, Hartz4 beantragt hätten.
Nun sind wir also bei Tauschbörsen, wirklich schlimm ist das, das die „Rechteinhaber“ mit dem immergleichen Wehgeklage reagieren.
Langweilig, aber ich bin von Beruf auch nicht Filmgattin.
Ich habe nichts gegen berechtigte Abmahnungen oder die Verfolgung von nachweislichen Urheberrechtsverletzern. Im Gegenteil. Das ganze Gelade hat die Musiklandschaft in nicht nur positiver Weise nachhaltig beeinflusst. Allerdings haben sich Abmahnkanzleien und Gerichte in verblüffender Eintracht oft über Beweislastgrundsätze u..ä hinweggesetzt, v.a. im Falle mehrerer Mitglieder im Haushalt des Anschlussinhabers.
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Es mag sich wie das Wehklagen anhören, jedoch ist es dieses Mal (zum ersten Mal?) nachweislich berechtigt. Offensichtlich ist die breite Öffentlichkeit neben exzessiv mangelndem Unrechtsbewusstsein auch noch durch das vorherige Gejammere abgestupft („Der Wolf kommt!“).