Eine gesetzliche Regulierung von Google? Undenkbar?
Google und die Top 20
Suchmaschinen nehmen für Internetnutzer regelmäßig eine immer zentralere Rolle ein. Insbesondere Google – mit einem Marktanteil von ca. 90 % in Deutschland – wird von mehr als ¾ der deutschen Internetnutzer als einzige Suchmaschine verwendet. Insoweit ist festzuhalten, dass der größte Teil der deutschen Internetnutzer ohne Kontrollrecherchen den ersten 20 Suchergebnissen vertraut.
Gatekeeper und Meinungsbildung
Beachtenswert erscheint dabei, welche Funktion eine Suchmaschine im Internet erfüllt und welche unmittelbaren Auswirkungen dies auf die allgemeine Meinungsbildung hat. Die Kernkompetenz einer Suchmaschine ist die Kanalisierung von Informationen. Sie fungieren insoweit als sog. Gatekeeper (engl.: Wächter) im World Wide Web. Bevor ein Ergebnis in der Seitenausgabe aufgelistet wird, durchläuft es einen – an vorbestimmten Parametern orientierten – Auswahlprozess. Dem Nutzer werden anschließend Inhalte als relevant oder als nicht existent suggeriert. Die Parameter können dabei den Zweck erfüllen Irrelevantes herauszufiltern; sie werden gleichwohl in einigen Staaten dazu genutzt, unliebsame politische Inhalte zu zensieren.
Darüber hinaus haben Suchmaschinenanbieter Optimierungsprozesse in die Suche eingebunden. Diese sollen die Ergebnissuche verbessern, gleichzeitig machen sie den Konsumenten des Anbieters jedoch zum Produkt des Anbieters. Die Suchergebnisse entbehren damit der gängigen öffentlichen Wahrnehmung von Neutralität; sie beeinflussen vielmehr die Meinungsbildung des Nutzers durch vorausgehende Beurteilung des Nutzers.
Meinungsrelevanz
Die durch die Suchmaske vorgenommene Selektion weist folglich hohe Meinungsrelevanz auf. Sie hat unmittelbare Auswirkung auf die öffentliche Meinungsbildung und den damit zusammenhängenden demokratischen Willensbildungs-Prozess von „unten nach oben“.
Die dominante Stellung von Google im Internet, verbunden mit der einhergehenden Verantwortung für die freie Meinungsbildung mündiger Bürger, ruft politische und marktwirtschaftliche Bedenken auf den Plan.
Der Suchmaschinen-Betreiber hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre eine faktische Monopolstellung erarbeitet. Die Sorge, dass die freien Kräfte des Marktes die beschriebene Dominanz nicht lösen können, ist inzwischen weit verbreitet.
medienrechtliche Regelungen für Suchmaschinen
Um der wachsenden Relevanz von Suchmaschinen für die Demokratie und die freie Marktwirtschaft angemessen zu begegnen, wird zum Teil gefordert, dass im Bereich des Medienrechts Regelungen für Suchmaschinen getroffen werden, wie wir sie bereits aus dem deutschen Rundfunkstaatsvertrag und dem Wettbewerbsrecht kennen.
Entsprechend fordert bspw. der Direktor des Mainzer Medieninstituts Professor Dr. Dieter Dörr, dass Suchmaschinenbetreiber für den Schutz der Neutralität der Suche Verantwortung tragen müssen sowie, dass Nutzerkompetenz und staatliche Aufsichtsmechanismen gestärkt werden müssen. Durch Schaffung von Transparenz mittels staatlicher Regulierung könne die Basis für ein Vertrauensverhältnis zwischen dem Suchmaschinenbetreiber und dessen Nutzer geschaffen werden.
Der Regulierung von Suchmaschinen müsste jedoch den gegebenen verfassungsrechtlichen Grenzen Rechnung tragen. Unabhängig von der wissenschaftlich umstrittenen Einordnung von Suchmaschinen in die Grundrechte (Berufsfreiheit nach Art. 12 GG; Kommunikationsfreiheiten nach Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG; wirtschaftliche Betätigungsfreiheit als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs.1 GG) ist jedenfalls unstreitig, dass dem Staat die Schutzpflicht zukommt, sowohl Suchmaschinenbetreiber als Unternehmen und juristische Personen des Privatrechts und die Nutzer als natürliche Personen vor Eingriffen ihre Grundrechte zu schützen. Dies geschieht durch einfachgesetzliche Normen des öffentlichen Rechts und des Privatrechts. Hierbei hat der Gesetzgeber die Rechte der Suchmaschinenbetreiber mit den Rechten der Nutzer (Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG; individuelle Meinungsbildungsfreiheit nach Art. 2 I, 1 I GG in Ausgleich zu bringen,BVerfGE 27, 71 (81). Im Zusammenhang mit dem Rundfunk hat der Gesetzgeber bereits eine passende Wertung getroffen. Danach sei der Gewährleistung eines breiten und möglichst ungefärbten Informationsangebots zur Sicherung einer informationellen Grundversorgung des Bürgers und des damit verbundenen demokratischen Meinungsbildungsprozesses der Vorzug zu geben. Nach dieser getroffenen Wertung hätten die berechtigten Interessen von Suchmaschinenbetreibern – je nach Stärke des Eingriffs – zurückzustehen.
Zur Regulierung von Suchmaschinen ist eine Vielzahl von Modellen denkbar. Beispielsweise könnte eine Einrichtung in Betracht kommen, wie sie sich im Bereich des Rundfunks bereits etabliert hat. Für Meinungspluralismus im Fernsehen sorgt insoweit die sog. KEK (Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich).
Fazit:
Eine gesetzliche Regulierung erscheint schwerlich vorstellbar und könnte ebenso Grundrechte des Suchmaschinenbetreibers verletzen. Dörr fordert, bei der Regulierung das Mittel zu wählen, welches bei geringstmöglicher Belastung der Suchmaschinenbetreiber gewährleistet, dass die Suche für den Nutzer transparenter gestaltet wird und er sich einen belastbaren Eindruck von der Neutralität und der Grundlage der Suchergebnisse machen kann. Dem wäre zuzustimmen, wenn Google die einzige Suchmaschine auf dem Planeten wäre. Dem ist aber offensichtlich nicht so. Es gibt Alternativen zu Google, die die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfreiheit gewährleisten. Aus diesem Grunde sehen wir derzeit die Meinungsvielfalt in Deutschland durch Google aufgrund der verfügbaren alternativen Informationsquellen nicht als gefährdet.
Autoren: Gulden, Kowohl
Google ist beileibe nicht der einzige Beinahe-Monopolist. Bemerkenswert ist allerdings die Geschwindigkeit, mit der dieses Quasi-Monopol entstand.
Da wärenoch: IBM bei Großrechnern, Microsoft bei Betriebssystemen / Office-Software, Cisco bei Routern, Intel bei Prozessoren, Adobe bei Bildbearbeitungssoftware und etwa Flash etc.etc..
Dass dies alles die Überwachung des Datenverkehrs sowie die Konstruktion eines Datenpools in gewisser Weise erleichtert dürfte nicht Zufall sein.