„Nazi-Schnitzel“ – Wieso ein Schnitzel in Hakenkreuzform als Satire genießbar ist

Wie die Abendzeitung München berichtet, habe die Staatsanwaltschaft Mainz bestätigt, dass es aufgrund des Facebook-Post der „heute-show“ zu zwei Strafanzeigen gekommen sei.

Gibt es in diesem Fall überhaupt eine Grundlage für eine Strafbarkeit oder ist das Posting der „heute-show“ Satire?

Kurz: Es ist Satire, da die „heute-show“ mit dem Post das aktuelle, politische Geschehen in Österreich thematisierte.

Zu sehen ist ein Schnitzel in Hakenkreuzform mit dem Text:

 

Österreicher wählen eben so, wie sie es vom Schnitzel kennen: Möglichst flach und schön braun

 

Bei der Prüfung, ob ein Beitrag nun als zulässige Satire angesehen werden kann, muss immer auch eine Gesamtbetrachtung vorgenommen werden. Einzelne Begriffe und Formulierungen dürfen nicht isoliert betrachtet werden. Wir haben es vorliegend mit einem Bild und einem dazugehörigen Text zu tun.

Die Anlehnung an den Nationalsozialismus durch die Verwendung der Hakenkreuzform ist nicht belanglos, sondern hebt in überspitzter Form die politische Richtung des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer hervor. Sowohl in dem Bild, als auch in dem Text wird der politische Kontext nicht aus den Augen gelassen. Dies muss sich Hofer gefallen lassen.

Wir benötigen grundsätzlich immer drei Dinge, um eine Satire annehmen zu können:

Den richtigen Feind, ein richtiges Fehlverhalten und eine Botschaft des Satirikers.

  1. Satireteauglicher Feind: (+) Hofer ist ein Rechtspopulist, kein Wehrloser und muss sich aufgrund seiner Aktivitäten auch heftiger Kritik stellen.
  1. Satiretaugliches Fehlverhalten? (+/-) Hofer äußert sich populistisch, aber bisher legal. Er sieht den Islam nicht als Teil der Gesellschaft zugehörig, will die Grenzen dicht machen und kokettiert mit den Ängsten des Volkes vor dem Unbekannten. Genau dieses zweideutige Verhalten ist im Reich der Satire sehr willkommen.
  1. Botschaft – fraglich ist, ob die „heute-show“ mit dem Post eine Botschaft übermitteln wollte, um bspw. auf einen Missstand  hinzuweisen, um diesen zu beseitigen. Denkbar wäre es (bspw. Warnung vor der „braunen Gefahr“).

Vorliegend finden sich zudem weder Formalbeleidigungen, noch wird eine Person direkt angegriffen.

Daher gilt der Satiregrundsatz:

Alles ist zulässig, wenn kein Verstoß gegen die Menschenwürde vorliegt. Hofer selbst wird nicht direkt attackiert und eine ernsthafte Verunglimpfung des österreichischen Volkes kann auch nicht ernsthaft angenommen werden. Im Zweifel pro Satire – in diesem Fall.

Ergebnis:

Die Staatsanwaltschaft Mainz wird die Verfahren einstellen.

 

 

Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins

4 Kommentare

  1. Tut mir leid, Herr Kollege, aber ich fürchte, Sie liegen hier daneben.
    Es geht gar nicht in erster Linie um irgendeine Beleidigung, sondern um 86a StGB. Und der stellt die „Verwendung“ bestimmter Symbole unter Strafe, mehr braucht es nicht, bestraft wird die abstrakte Gefahr. Dass die Vorschrift gleichzeitig zwei Ziele verfolgt, die unvereinbar sind, belegt in aller Kürze Fischer in seinem Standardkommentar zum StGB, §86a, Rn. 2a: „Dient der Tatbestand der formalen Ausgrenzung bestimmter Symbole aus den zulässigen Kommunikationsformen (Tabuisierung)… so kann es auf inhaltliche Identifikation des Handelnden nicht ankommen; daher könnte zB eine polemische, Gegnerschaft zu den symbolisierten Inhalten ausdrückende Verwendung nicht als sozialadäquat angesehen werden. Dient der Tatbestand dagegen der inhaltlichen Ausgrenzung verfassungswidriger Bestrebungen… (Propagandaverbot), so müsste jede, auch eine inhaltlich indifferente oder neutrale Verwendung vom Tatbestand ausgenommen werden. Beide Zielrichtungen sind im Grunde unvereinbar: Was aus Sicht des Propagandaverbotskonzeptes wünschenswert und zulässig ist, ist aus Sicht des Tabuisierungskonzeptes besonders gefährlich. Umgekehrt ließe die Durchsetzung eines sinnfreien Tabus inhaltlich begründete Ausnahmen nicht zu. … Der BGH folgt daher grds. dem Tabuisierungskonzept.“
    Da dieses Ergebnis natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss sein darf, wird auf Tatbestandsebene durch „die Tatbestandslosigkeit solcher Handlungen, die dem Schutzzweck der Norm erkennbar nicht zuwiderlaufen“ (Fischer, Rn 18), die Strafbarkeit begrenzt. Das allerdings ist vor dem Hintergrund des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes misslich. Auch Fischer muss konstatieren: „Der Zweck, die Verwendung … als sozial unüblich aus den zulässigen Formen der Kommunikation auszugrenzen, kann durch sozialübliche Verwendung schlechterdings nicht unberührt sein.“ (Rn 19)

    Wie aktuell ja hinlänglich zu beobachten ist, kommt es nicht darauf an, WAS gesagt oder getan wird, sondern WER es tut, sprich, welche politische Grundrichtung derjenige vertritt. Das aber ist reine Gesinnungsjustiz und hat mit Rechtsstaat nicht viel zu tun. Den Hofer oder 35% der Österreicher mit Nationalsozialismus gleichzusetzen ist genauso diffamierend, wie Erdogan als Ziegenficker zu beleidigen. Ich bin gespannt, welche Verrenkungen die Staatsanwaltschaft da machen wird. Da gilt in beiden Fällen.

  2. Hallo Berliner RA,
    sicherlich könnte man auf die Idee kommen, dass vorliegend auf strafbare Art und Weise verfassungsfeindliche Symbole verwendet werden. Schließlich ist ja ein Schnitzel in Hakenkreuzform zu sehen. Dieser Eindruck wird verstärkt, liest man sich den Wortlaut des ersten Absatzes des § 86 a StGB durch. Allerdings hat der Gesetzgeber früh erkannt, dass es einer Einschränkung der möglichen Strafbarkeiten bedarf, da die Verwendung typischer nationalsozialistischer Symbole zur (kunstvollen) Aufarbeitung der Geschichte notwendig ist (vgl. § 86a Absatz 3 i.V.m. § 86 Absatz 3 StGB). Hierunter fällt auch die satirische Auseinandersetzung. Etwas anderes würde gelten, wenn die Verwendung des Hakenkreuzes den Zweck verfolgen würde, nationalsozialistische Gesinnungen zu fördern oder wieder zu beleben. Diese Gefahr sehe ich hier aber nicht, da es sich mE um einen satirischen Beitrag handelt, der sich mit dem aktuellen politischen Geschehen auseinandersetzt.

  3. …bitte beachten Sie die aktuelle Pressemeldung der StA Mainz vom 02.05.2016.

    „Keine Ermittlungen wegen „Facebook“-Postings der „heute-show“
    Staatsanwaltschaft Mainz“

  4. vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie meine grundsätzliche Auffassung teilen, wenn Sie auch die logischen Brüche der tatbestandlichen Einschränkung durch die Rechtsprechung nicht erkennen mögen.
    Der Satire-Begriff (was Satire ist bestimmt der amtierende Bundeskanzler oder Frau Kahane?) scheint der Rettungsanker für all die Sachverhalte an den Bruchlinien im bundesdeutschen Rechtssystem und der Rechtswirklichkeit zu werden, bei denen man aufgrund der „guten Sache“ alle hergebrachten Rechtsgrundsätze außer acht lässt. So gesehen ist die PM der StA Mainz für sich schon Satire: „Die Strafnorm schützt den demokratischen Rechtsstaat vor einer Wiederbelebung verfassungswidriger Organisationen und vor ihrer Verharmlosung durch Gewöhnung an bestimmte Kennzeichen.“ Was bitte ist es anderes als eine Gewöhnung, wenn dauernd und zu jeder unpassenden Gelegenheit Haltet den Nazi! gerufen wird und die dämliche Aussage professionell bildhaft untermalt wird?
    Laut StA soll der Beitrag „soll der Beitrag bei verständiger Würdigung ersichtlich nicht etwa zum Hass gegen alle österreichischen Staatsangehörigen aufrufen oder diese beschimpfen, sondern – wie ausgeführt – das Wahlergebnis in überspitzt-pointiert als rechtsorientiert darstellen.“ Und das in einem Land, in dem der schlimmste Vorwurf, dem man ausgesetzt sein kann, der des Nazi ist! Aber offenbar betreibt die StA gleich mal Rechtsfortbildung:
    „Es handelt sich um eine durch die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit geschützte zulässige Meinungsäußerung zu tagespolitischem Geschehen.“ Man darf also nun verbotene Kennzeichen grundrechtlich geschützt zur Meinungsäußerung zu tagespolitischem Geschehen verwenden – wenn das keine Satire ist! Ich will mir die Beispiele gar nicht ausmalen, die bald vor den Amtsgerichten landen. Satirischer Höhepunkt des Ganzen: der unterzeichnende Staatsanwalt heißt Deutschler.

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