Der fliegende Gerichtsstand wird gerne herangezogen, wenn die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts begründet werden soll. Im Falle von Rechtsverletzungen, die ihren Ursprung im Internet haben, wird dann gerne ausgeführt, dass das angerufene Gericht zuständig sei, weil die als rechtsverletzend beanstandete Internetveröffentlichung auch am Ort des angerufenen Gerichts abrufbar sei. Mit dieser Argumentation kann somit in diesen Fällen jeder Gerichtsbezirk in Deutschland ausgewählt werden.
Dieses Ergebnis ist sicherlich nicht im Sinne des Gesetzgebers gewesen, als der § 32 der ZPO geschaffen wurde. Dieser Ansicht ist auch das Landgericht Saarbrücken, Az: 4 O 193/12 und stellte nunmehr fest, dass die Grundsätze des fliegenden Gerichtsstands nicht immer bedingungslos angewendet werden können. Im Falle von Verletzungen des Persönlichkeitsrechts im Internet reiche die bloße Abrufbarkeit der beanstandeten Internetveröffentlichung jedenfalls nicht aus, um die Zuständigkeit des Gerichts zu begründen. Der Gerichtsstand sei nur dort gegeben, wo sich die Verletzung des Persönlichkeitsrechts im konkreten Verhältnis der Parteien tatsächlich auswirke. Es bedarf demnach eines deutlichen Bezuges zu dem Ort des angerufenen Gerichts. Dies sei bspw. der Fall, wenn eine „Kenntnisnahme von der beanstandeten Veröffentlichung nach den Umständen des konkreten Falles an dem betreffenden Gerichtsort erheblich näher liegt als dies aufgrund der bloßen Abrufbarkeit des Angebotes der Fall wäre und die vom Betroffenen behauptete Beeinträchtigung seines Persönlichkeitsrechts durch Kenntnisnahme von der Meldung auch an diesem Ort eintreten würde.“
Nebenbei erwähnte das Gericht, dass diese Ausführungen auf Filesharing-Fälle nicht anwendbar sei, da es dem Einstellenden dort um eine möglichst weite Verbreitung und eine möglichst große Zahl von Downloads gehe.
Die Entscheidung ist begrüßenswert und wäre auch für andere Bereiche wünschenswert, insbesondere im Filesharing, wenn keine der Parteien einen Bezug zum angerufenen Gericht nachweisen kann.
Zitat
„Nebenbei erwähnte das Gericht, dass diese Ausführungen auf Filesharing-Fälle nicht anwendbar sei, da es dem Einstellenden dort um eine möglichst weite Verbreitung und eine möglichst große Zahl von Downloads gehe.“
Sehr geehrter Herr Gulden,
diese Auffassung des Gerichts kommt mir etwas weltfremd vor und passt zu vielen ähnlichen Gerichtsauffassungen zum Thema Filesharing. Der Einstellende ist für mich der sogenannte Firstseeder, also derjenige, der erstmals eine Datei in den Filesharingkreislauf einbringt. Er muss das urheberrechtlich geschützte Datei sich erst mal besorgen und dann rippen, umwandeln u.ä.. Für mich ist er ursächlich dafür verantwortlich, dass ein geschütztes Werk in überhaupt Tauschbörsen gelangt und das Rechtsverstöße möglich werden. Die „Nachfolgeseeder“ – ich nenne sie jetzt einfach mal so – machen von diesem Angebot nur Gebrauch. Ihre „kriminelle Energie“ manifestiert sich lediglich in einem Mausklick . Die Beschaffung des Orignals, Kinofilm abfilmen, das Rippen, das Hochladen usw. entfällt. Es stimmt auch nicht, dass dem Nachfolgeseeder an einer möglichst weiten Verbreitung gelegen ist. Die gängigen Torrentprogramme beschränken standardmäßig die Verbreitung ohnehin mit einer Upload-Ratio, die kaum über das 1,5-fache des Datenvolumens hinausgeht. Die Nachfolgeseeder dürften in der Regel nur die Datei vollständig empfangen wollen und würden auf den Upload sicher komplett verzichten, was aber dem P2P-Prinzip widerspricht. Dabei spielt es keine Rolle ob die betreffende Datei urheberrechtlich geschützt ist oder nicht.
Ich möchte nun gerne wissen, weshalb die Gerichte den 0815-Filesharer, der sich eine Kopie für den Privatgebrauch besorgt, immer wieder mit einem Firstseeder gleichgestellt wird? Es sollte sich doch herumgesprochen haben, dass in diesem Bereich weltweit organisierte Gruppen für die meisten der abgemahnten Firstseeds verantwortlich sind.
Hallo Constantin,
wir können auch nicht erkennen, dass es den Abgemahnten um die Weiterverbreitung der urheberrechtlich geschützten Werke geht. Viele Filesharer wissen in der Tat nicht, dass die Werke mit dem Download auch anderen zum Download zur Verfügung gestellt werden. Im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch ist dies jedoch irrelevant, nicht jedoch im Hinblick auf den anzusetzenden Streitwert. Das dürfte durch das neue Gesetz Berücksichtigung finden.