Seven Second Summits – Kammerlanders (unwahre) Tatsachenbehauptung auf dem Prüfstand

Es gibt Zweifel an der Behauptung, dass Kammerlander die Seven Second Summits bestiegen hat.

Kammerlander sagt: „Ich habe alle zweithöchsten Gipfel der Kontinente auf Erden bestiegen.“ Wow“, denke ich mir und lasse es mir als ambitionierten Hobbybergsteiger nicht nehmen, ihn live in Darmstadt auf seinem Vortrag zu den Seven Seconds Summits zu bestaunen. So geschehen vor zwei Wochen. Und nun dies: Es gibt begründete Zweifel an der Vollendung des zweifelsohne beeindruckenden Projekts. Das kann ja wohl nicht wahr sein, denke ich mir. Was hat der Hans da nur gemacht oder besser gesagt, was hat er nicht gemacht? Nun, diese Frage wird nur er beantworten können oder aber auch sein kongenialer Partner Konrad Auer, den ich im Januar noch beim Eisklettern im Ahrntal getroffen habe. Ein netter Typ – der muss doch wohl die Wahrheit sagen?falscher_gipfel

Der Aufreger: Ein Gipfelbild des Mount Logan ohne die berühmte Eisaxt!

Die Gerüchteküche brodelt jedenfalls. Sowohl die Fachpresse als auch die nicht zu unterschätzende Welt der Sonntagsbergsteiger diskutiert leidenschaftlich, ob und wie es sein kann, dass der Tiroler Bergbauernsohn gleich an zwei Gipfeln vorbeimarschiert sein soll. Das klingt ja fast so, als würde ein durstiger Bayer im nüchternen Zustand am Hofbräuhaus vorbeilaufen.

Zu den Fakten:

Die Besteigung der  „Seven Second Summits“ ist kein Kinderspiel und eine der letzten großen bergsteigerischen Herausforderungen, die sich auch entsprechend vermarkten lässt. Der Konkurrenzkampf ist unter den Profibergsteigern unerbittlich wie nicht zuletzt das Wettrennen der Frauen um die Erstbesteigung der 8000er zeigte. Allein aus diesem Grunde sollte nicht nur die jeweilige Besteigung, sondern auch die Vermarktung professionell angegangen werden.

Kammerlander gilt derzeit als einer der besten und erfahrensten Bergsteiger der Welt. Das Projekt der Seven Second Summits wird als mediales Großereignis vermarktet. Die Hallen sind voll. Ein nachträgliches Scheitern wäre fatal.

„In Nordamerika ist eine kleine Unklarheit entstanden“, sagte Kammerlander den Zweiflern.“Aber wenn das so ist, dann handelt es sich lediglich um eine Verwechslung, nicht um eine Lüge mit böser Absicht.“

Niemals aber habe er bewusst zu täuschen versucht. Wenn er dies gewollt hätte, dann hätte er ein Bild gemacht, auf dem nichts zu erkennen sei.

„Aber in diesem Moment war ich mir hundertprozentig sicher, dass das der richtige Punkt ist.“

Es ist also etwas dran an den Zweifeln. Kammerlander möchte nun zum Mount Logan zurückkehren, um die Sache zu prüfen:

 „um alle Fragen zu klären“  „Wenn ich dann sehe, dass ich den Gipfel verwechselt habe, dann möchte ich das sofort richtigstellen und werde den richtigen Gipfel besteigen“.

Konrad Auer bestätigt die Zweifler, indem er sagt:

„Wir hatten keine topografische Karte dabei, nur eine grobe Skizze“, sagt Auer nun. „Das ist schon komisch. Da soll wirklich eine Eisaxt sein? Wir haben nichts gesehen.“

Zu allem Überfluss soll Kammerlander auch noch in Indonesien auf dem falschen Gipfel gestanden haben. Kammerlander sagt, er habe die Informationen zum zweithöchsten Berg vom indonesischen Tourismusministerium und sich wohl darauf verlassen.

„Dann war ich da also auch auf dem falschen Gipfel. Aber mit so lächerlichen Sachen spiele ich nicht rum. Deswegen fahre ich da nicht auch noch mal hin.“

Wenn man die Geschichte nicht kennen würde käme man sicherlich zu der Annahme, dass nicht Hans Kammerlander am Werk war, sondern eben ein Sonntagsbergsteiger, der sich des öfteren mal verläuft.

Seven Second Summits als Tatsachenbehauptung

In juristischer Hinsicht könnte die Vermarktung des Projekts einen ungeahnten Rattenschwanz hinter sich herziehen. Die Behauptung, als erster Mensch alle Seven Second Summits bestiegen zu haben ist eine Tatsachenbehauptung, die dem Beweise zugänglich ist. Im Fall des Mount Logan lässt sich wohl beweisen, dass das vermeintliche Gipfelfoto Kammerlanders nicht den Gipfel zeigt, sondern eine andere Stelle des Mount Logan. Die Eisaxt spricht für sich.
Ebenso verhält es sich mit dem indonesischen Gipfel. Sollte sich herausstellen, dass ein anderer Gipfel als der von Kammerlander bestiegene höher ist, hätte er bereits zum zweiten Mal falsch gelegen. In beiden Fällen würde dies dazu führen, dass Kammerlander nicht länger behaupten dürfte, der erste Mensch zu sein, der alle Seven Second Summits  bestiegen hat. Dies müsste er solange unterlassen, bis er das Projekt nachweislich zur Vollendung geführt hat.

Fazit:

In juristischer Hinsicht kommt es nicht darauf an, ob Kammerlander bewusst oder unbewusst seine Stiefel auf die falschen Gipfel gesetzt hat. Entscheidend ist allein, ob er auf den Seven Second Summits stand. Nur dann ist er befugt, dies auch entsprechend zu vermarkten.

Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins