Streaming-Apps Periscope und Meerkat: das neue Filesharing – Urheberrechtsverletzungen am Fließband durch Jedermann

periscope urheberrecht

HBO forderte für den Boxkampf Pacquiao Vs. Mayweather unfassbare 90 – 100 $, wohlgemerkt nicht für einen Sitzplatz in der Boxarena, sondern für die Übertragung im Pay-TV! Der SKY-Kunde bekam die Übertragung zum Schnäppchenpreis von 30 €, natürlich zusätzlich zu den monatlichen SKY-Gebühren. Was dieser Kommerzwahn noch mit Sport zu tun hat, sei mal dahingestellt. Scheinbar treibt er die interessierten Sportfans immer mehr sehenden Auges in die Illegalität oder in die Graubereiche des deutschen Urheberrechts.

Jeder Nutzer mit etwas Medienkompetenz sollte sich im Klaren darüber sein, dass die „falsche“ Anwendung der Streaming-Apps Periscope, Meerkat und YouNow Urheberrechte, Persönlichkeitsrechte oder das Rundfunkrecht verletzen kann.

Oder kann man tatsächlich auf die Idee kommen, es sei vollkommen legal, Sendungen eines Pay-TV Senders per Periscope oder Meerkat an Dritte zu übertragen?

 

Das ist eine Urheberrechtsverletzung. Punkt.

 

Selbstverständlich ohne eine Lizenz dafür zu besitzen, welche wahrscheinlich auch nie erteilt werden würde. Eine solche Übertragung stellt eine eindeutige Urheberrechtsverletzung dar, ohne jeglichen Zweifel.

 

Entweder ist es mit der Medienkompetenz nicht weit her oder man scheißt bewusst auf das Urheberrecht! Man muss sich nur mal vergegenwärtigen, dass nach mehr als sieben Jahren Filesharing-Abmahnungen und intensiver Berichterstattung darüber immer noch Massen regelmäßig Filesharing betreiben. Wo wir wieder bei der Frage der Medienkompetenz wären.

Die menschlichen Rundfunkanstalten sind noch in der Minderheit. Der größte Teil der Periscope-, Meerkat- und YouNow-User dürften schlichte Konsumenten dieser Live-Stream „Rundfunkangebote“ sein. Da kommt wieder die berechtigte Frage auf, ob das Anschauen eines solchen Streams legal ist.

 

Sorry, eindeutige Antwort nicht möglich – Graubereich

 

Die Tendenz in der Rechtsprechung und Rechtstheorie entwickelt sich dahin, dass das Betrachten eines Streams, auch wenn dort unlizenzierte urheberrechtlich geschützte Werke gezeigt werden, nicht gegen das Urheberrecht verstößt. Sieht die GVU und Content-Industrie sicherlich anders. Das liegt aber in der Natur der Sache. Wer über Periscope, Meerkat und Co. gestreamte Pay-TV Angebote anschaut, befindet sich demnach wahrscheinlich nicht im Sumpf der Illegalität. Aber bitte den Stream ja nicht abspeichern oder mitschneiden,  ansonsten steckt man bis zum Hals im Sumpf. Da hilft auch das Recht auf Privatkopie nichts, denn jeder sollte sich bewusst sein, dass der Anbieter des Periscope oder Meerkat Streams keine Lizenz für die Übertragung des Pay-TV Angebotes hat – Stichwort „offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage“ – gleiche Diskussion wie bei kinox.to und Co. Es existiert noch keine abschließende höchstrichterliche Rechtsprechung. Daher wartet man als User noch im Nebel des Graubereichs.

 

Was hat das mit Werk“Genuss“ zu tun?

 

Urheberrecht hin, Urheberrecht her. Ich frage mich viel eher, warum man sich das überhaupt antut, solche Sendungen im Hochkantformat auf dem Smartphone anzuschauen. Mit Werk“Genuss“ hat das wahrlich nichts zu tun. In einer Zeit, in der immer mehr Leute ihre Musik über blecherne Smartphone-Lautsprecher „genießen“ muss man sich eh nicht mehr wundern. Das Anschauen von Sportevents kann ich ja noch verstehen, da geht es um das Spiel oder den Kampf, aber bei einem Epic Breitwand Epos wie Games of Thrones muss ich nur den Kopf schütteln. Wer unbedingt wissen will, wie es im Plot weitergeht, soll die Bücher lesen und sich den Genuss nicht durch ein abgefilmten Smartphone-Stream vermiesen. Ok, Lesen ist out, da kann man nix machen.

Klar ist auch, wer Personen filmt und per Periscope oder Meerkat Dritten überträgt, benötigt in der Regel das Einverständnis des Gefilmten. Recht am eigenen Bild und so!

Wer jetzt nur noch Böhmische Dörfer sieht, sollte sich mal über seine eigene Medienkompetenz Gedanken machen.

 

Du bist eine Rundfunkanstalt – noch nicht gewusst?

 

Ach ja, wer per Periscope oder Meerkat Live-Streaming überträgt braucht in Deutschland unter Umständen eine Sendelizenz. Glaubst du nicht? Kann aber tatsächlich zum Problem werden. Bedanke dich bei unserem Steinzeit-Rundfunkvertrag. Ein Blick in die §§ 20 Abs. 1, 2 Abs. 1 und Abs. 3 Rundfunkstaatsvertrag legt diese Vermutung nahe.

Viele werden sich fragen, was zum Geier hat Live-Streaming per Periscope oder Meerkat bitte mit Rundfunk à la ARD, ZDF, RTL und Co. zu tun? Richtig, nix! Trotzdem wurde der Begriff Rundfunk im Rundfunkstaatsvertrag derart definiert, dass auch Live-Streaming, wenn es mehr als 500 Personen erreichen kann – was bei Periscope immer der Fall ist – unter den Rundfunk-Begriff fallen kann. Wie immer, Auslegungssache. Daher gibt es in Deutschland bis heute die Limitierung von 10 Personen bei Hang-Outs und YouTube Livestreaming wird in Deutschland erst gar nicht angeboten.

 

Fortschrittliches Deutschland!

 

Die Regelungen dienen natürlich nur dem Schutze der Medienvielfalt. Ihr versteht nicht, wieso Live-Streaming Angebote wie Periscope und Meerkat schädlich für die Medienvielfalt sein können? Ich auch nicht!

Nebenbei kostet eine solche Sendelizenz auch Geld. Wer bspw. in Rheinland-Pfalz eine solche Sendelizenz für das Live-Streaming den Rundfunk erwerben will, muss zwischen 1.000 € und 10.000 € hinblättern!

Live-Streaming per Periscope, YouNow und Meerkat ist Neuland, zumindest in rechtlicher Hinsicht. Vieles ist noch ungeklärt und man läuft öfter durch den Nebel des Graubereichs. Lasst uns gegenseitig die Hand reichen und die Reise durch das Unbekannte antreten.

Von Tobias Röttger

Blogger, YouTuber, Rechtsanwalt und Gesellschafter von gulden röttger | rechtsanwälte. Meine Steckenpferde sind das Geistige Eigentum, Social Media, Persönlichkeitsrechte, Internet und Musik.

Ein Kommentar

  1. Hochgradig effektive Apps. Vorhersehbar:
    Massen von Nutzern werden via Smartphone
    und TV-Docks wie Chromecast massenweise gratis Pay TV gucken.
    Massenweise Abmahnungen werden verschickt werden. Und so weiter.

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