Die Nation in Aufruhr – wer ist U+C?

Porno-Streaming AbmahnungSelten hat ein urheberrechtliches Thema die gesamte Blogger-Szene und Presse in Aufruhr versetzt, wie die erste bekannte Streaming-Abmahnung durch die Kanzlei U+C Rechtsanwälte aus Regensburg.

U+C Abmahnung Streaming Urheberrechtsverletzung

Warum ein solcher Wirbel?

Ganz einfach, weil es fast jeder macht, wie mir vor kurzem eine junge Dame stolz erklärte. Sie tut es, ihre Freunde tun es, einfach jeder. Man kann sich alles anschauen und nichts kann einen passieren, da man faktisch nicht erwischt werden kann.

Das Geheimnis um die Datenbeschaffung

Seit gestern hat dieses Weltbild einen Riss bekommen. Wie die Kanzlei U+C an die Daten gekommen sind, steht noch in den Sternen. Bisher wurden die Anfragen von diversen Pressevertretern bzgl. dieses Rätsels von U+C nicht beantwortet. Ich habe auch keine große Hoffnung, dass das U+C von sich aus preisgeben. Mir fallen da spontan vier Möglichkeiten ein, wie des Rätsels Lösung lauten könnte:

  • Die Streaming-Plattform www.redtube.com hat die Daten herausgegeben, was diese in der Regel nicht tun. Wenn das rauskommt, könnte dies zu einem akuten User-Schwund führen. Vielleicht hat U+C oder The Archive AG irgendwelche Druckmittel in der Hinterhand, die RedTube dazu bewogen haben, die Daten herauszugeben;
  • der Server wurde gehackt und die Daten abgegriffen;
  • die Daten wurden mittels eines Virus vom PC des Streaming-Betrachter abgegriffen;
  • es wurde eine bisher unbekannte Möglichkeit entdeckt, die Daten von Streaming-Usern zu erfassen

Alle vier Szenarien sind reine Spekulationen. Wir hoffen, dass uns die Akteneinsicht beim LG Köln ein bisschen mehr Klarheit verschafft.

Streaming ist billiger als Filesharing

Die geforderten 250,00 € muten im ersten Moment im Vergleich zu den Summen, die bei Filesharing-Abmahnungen rausgehauen (650,00 € bis ca. 1.300 € pro Porno) werden, recht günstig an. Wann man die Aufschlüsselung etwas genauer betrachtet, ist es doch schon ein ganz schöner Wucher. 15,50 € Schadensersatz für das einmalige Betrachten eines Pornostreams, ist schon Luxus. Dafür bekommt man in der Regel die komplette DVD und die kann man sich mehrfach anschauen. §97a III S. 2 UrhG regelt einen maximalen Streitwert von 1.000 € für den Unterlassungsanspruch. Den hat U+C auch gleich voll ausgeschöpft. Bei Filesharing-Abmahnungen wird der Streitwert ebenfalls voll ausgereitzt. Nur hier ist der potenzielle Schaden wesentlich höher. Wenn man die Schadenswirkung des Streaming mit der des Filesharings vergleicht, kann man nur zu dem Schluss kommen, dass der Streitwert für das Streaming um ein Vielfaches niedriger angesetzt werden muss – wie wäre es mit 100 €. Da wären wir bei Anwaltsgebühren von 58,50 € netto für U+C.

Bei einer Forderung von 250,00 € fragen sich viele Abgemahnte zurecht, ähnlich wie bei den Abofallen, ob es sich wirklich lohnt, hier einen Anwalt einzuschalten. Hier kann man immer wieder nur sagen, nicht die geforderte Pauschalsumme ist das entscheidende, sondern die strafbewehrte Unterlassungserklärung. Denn von dort weht der Wind des Verderbens.

Was tun bei einer Streaming-Abmahnung?

Betroffenen kann man aufgrund der unklaren Rechtslage nur anraten, nicht voreilig eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Der Verstoß gegen eine solche Unterlassungserklärung kann schnell Vertragsstrafen von mehreren tausend Euro nach sich ziehen. Nehmen Sie anwaltliche Hilfe in Anspruch. Die Rechtslage ist bei weitem nicht so eindeutig, wie es U+C einem weiß machen möchte.

Urheberrechtsverletzung – Ja oder Nein

Ich nenne nur Stichworte wie Privatkopie § 53 UrhG und Vorübergehende Vervielfältigungshandlungen § 44a UrhG. Daneben besteht die Frage, ob die Datenbeschaffung tatsächlich legaler Natur war. Ähnlich wie beim Kiffen, ist der reine Konsum, d.h. der reine Werkgenuss / das Abspielen des Streaming-Angebotes grundsätzlich keine Urheberrechtsverletzung. Bisher steht hierbei immer nur die theoretische Frage im Raum, ob das kurze Zwischenspeichern im Cache eine illegale Vervielfältigungshandlung darstellt. Wir sagen nein.

Wer ist U+C?

Die Kanzlei U+C Rechtsanwälte ist Bereich Massenabmahnungen keine Unbekannte. Viele Jahre mahnte sie für diverse Rechteinhaber die illegale Verbreitung urheberrechtlich geschützter Dateien über Tauschbörsen ab. Hauptsächlich Pornofilme. Einer der bekanntesten Rechteinhaber war einer der Filesharing-Abmahnungs-Pioniere DigiProtect.

Daneben machte U+C insbesondere durch die Ankündigung eines „Pornoprangers“ auf sich aufmerksam.  Man wollte die Namen von Abgemahnten veröffentlichen, die angeblich per Filesharing einen Porno verbreitet haben sollen und es bis dahin wagten, auf die Abmahnung keine Zahlung an U+C zu leisten. Es folgten ein medialer Entrüstungs-Tsunami sowie eine einstweilige Verfügung gegen den geplanten Pranger. Im Anschluss wurde eine Vielzahl von Online-Shop-Besitzern wegen angeblich wettbewerbswidriger AGB abgemahnt. Danach wurde es ruhiger um die Regensburger Kanzlei. Bis jetzt…

Lassen wir uns mal überraschen, ob die Streaming-Abmahnungen nur eine Eintagsfliege sind oder sich zur nächsten Massenbewegung entwickeln.

P.S.: Bisher sind U+C Rechtsanwälte nicht als besonders klagefreudig bekannt.

P.P.S.: Es gibt einige Betroffene, die direkt zwei Abmahnungen erhalten haben. Vier Abmahnungen mit einem Schlag, ist auch schon vorgekommen.

Update vom 11.12.2013

Rechtsanwalt Urmann von U+C verrät, dass die Abmahnungen weiter gehen, aber nicht, wie sie an die Daten rangekommen sind – Abmahnungen auch für andere Provider-Kunden und andere Streaming Plattformen?

Von Tobias Röttger

Blogger, YouTuber, Rechtsanwalt und Gesellschafter von gulden röttger | rechtsanwälte. Meine Steckenpferde sind das Geistige Eigentum, Social Media, Persönlichkeitsrechte, Internet und Musik.

28 Kommentare

  1. Wieso werden immer kleine Fische (Privatleute) durch solche Abmahnkanzleien immer wieder dazu genötigt (ja, sogar erpresst) was zu zahlen? Dahinter stehen viele größere Haie (siehe Kim Schmitz)! Wieso traut sich die Staatsanwaltschaft nicht da heran? Oder ist es bereits ein Lotto-Gewinn für alle Kanzleien?
    „U+C“ und deren Mandant/in (Steuerhinterziehung/Betrug) ist ein klarer Fall für die Staatsanwaltschaft! Es nimmt bereits größere Auswüchse an!
    Auch wenn Andere immer wieder dagegen sind, die Staatswaltschaft mit einzubeziehen, bleibt nichts anderes übrig als die Reißleine zu ziehen.

  2. P.S.: Zitat: „Bisher steht hierbei immer nur die theoretische Frage im Raum, ob das kurze Zwischenspeichern im Cache eine illegale Vervielfältigungshandlung darstellt. Wir sagen nein.“
    Zitat-Ende.

    Nun, es wird zwar eine Vervielfältigungskopie erstellt, aber eben nur eine legale Privatkopie (z. B. im DivX-Temp-Ordner, bei Flashplayern wird’s komplizierter – siehe Plugins für Web-Browser mit Download-Möglichkeiten), aber dann muss man hier differenzieren und der Hoster/Uploader muss belangt werden. Der Hoster/Uploader ist der Verbreiter/Verteiler! Der Hoster verhält sich hier als Mittäter, wenn nicht sogar genau da stecken die Haie – siehe MegaUpload (sehr häufig mit Hauptsitz im Ausland – [Schweiz, Belgien, Luxemburg, Niederlanden u.s.w.] als Briefkastenfirmen getarnt und die Mittäter agieren in Germany unter anderen Firmen, teilwesie sogar als Inkassobüros oder Beratungsfirmen getarnt)!

  3. „Die Streaming-Plattform redtube.com hat die Daten herausgegeben, was diese in der Regel nicht tun“

    Sicher? Kommen die Daten wirklich von RedTube?

    RA Alexander Schupp zieht eine andere Möglichkeit in Betracht. Der Rechner des Abgemahnten könnte mit Schadsoftware befallen sein, die“gewisse Aktivitäten“ ausspäht und dann petzen tut. Sollte sich dies als zutreffend erweisen, wäre zumindest die Frage geklärt, woher die IP’s tatsächlich herkommen. Andere Fragen tn sich auf, auch auf strafrechtlicher Ebene seitens der Abmahner.

  4. P.P.S.: Zitat: „die Daten wurden mittels eines Virus vom PC des Streaming-Betrachter abgegriffen.“
    Zitat-Ende.

    Meistens ist es Malware, die sich auf den Hostern oder Suchindex-Seiten befinden, so kommt auch die IP-Erfassung zustande. Kino.to hatte bereits damals diesen selbst verbreitet und auch Vorschläge von sich aus angeboten, diese Malware zu entfernen, was sehr zwielichtig war.

  5. Es ist wunderbar wie auch von Rechtsanwaltsseite spekuliert wird.
    Frage:
    Warum nicht Strafanzeige stellen???
    Warum nicht die Aufsichtsbehörden einschalten?

    Ich finde es gelinde gesagt etwas komisch, dass nur spekuliert wird, aber nicht einfach logische Schritte angekündigt werden?

  6. „The Archive AG“ ist im wahrsten Sinne des Wortes eine reine Briefkastenfirma, Die geben weder eine Telefonnummer an, noch eine Fax-Nummer, noch eine E-Mail-Adresse. Auch eine Webseite existiert nicht. Philipp Wiik ist nicht nur in dieser Firma tätig, sondern er betreibt auch eine „Wiik Consulting GmbH“ unter der gleichen Briefanschrift.
    Meine Fragen:
    1. Wurden diese Filmchen jemals produziert, wenn ja, von wem? Eventuell unter anderem Namen? Sind diese Filmchen Ausschnitte aus längeren Filmen?
    2, Wurden diese Filmchen von den Urhebern veröffentlicht, als Kinofilm, als VHS-Kassette, auf DVD oder im Internet?
    3.Wer hat die Filmchen auf Redtube gestellt?
    4. Hat Redtube geprüft, ob der Uploud legal war?
    5. Von wem hat „The Archive AG“ die Rechte erworben? Wann?
    6. Wie hat die Firma bzw. deren Anwaltschaft vom angeblichen illegalen Upload erfahren?
    7. Wurde Redtube aufgefordert, die Filmchen zu löschen? Wann? Bzw. warum nicht?
    8. Welche Verbindungen gibt es zwischen „The Archive AG“ und Redtube bzw, deren Mutter- oder Schwesterfirmen sowie der Anwaltskanzlei?
    9. Wieso wurde die Verbreitung der Filmchen durch Redtube nicht unterbunden?

  7. Einer meiner Bekannten hat auch solch eine Abmahnung erhalten.

    Wie kann man solch eine Abmahn-Anwaltsgesellschaft zerschlagen?

    Das Aktenzeichen 221 0 123/13 gibt es scheinbar beim Landgericht Köln garnicht. Habe jedenfalls keine Info gefunden.

  8. Werter Autor,

    ich finde die Einleitung Ihres Artikels mehr als daneben, da diese ja schon fast unterstellt, die Entrüstung sei so gross, da die ganze Welt liebend gerne Raubkopien (scheinbar sicher) per Stream guckt und sich jetzt wundert, wenn die ehrlichen Rechteinhaber dagegen vorgehen.

    Was die meisten aber wohl zur Weißglut treibt ist nicht deren Vorliebe für Streams, sondern dass
    – dass die Daten wohl nicht legal ermittelt wurden.

    – dass es gleich zwei Gründe gibt, warum gar keine UrhG-Verletzung des Nutzers vorliegt, nämlich kein offensichtlich rechtswidriges Angebot auf diesem Portal und keine dauerhafte Kopie.

    – dass trotz dieser Umstände das Gericht dennoch die Datenabfrage bejahte und somit den Datenschutz von wohl Unschuldigen gegenüber einer dubiosen Kanzlei opferte.

    – das bei dem Ansehen von Streams es ja nicht mal theoretisch zu verhindern ist, dass man zB über die „related Videos“ oder einen Link auch mal ein Video bei Youtube, Redtube und Co anklicken könnte, das unautorisiert hochgeladen wurde. Man kann also sich hier auch nicht glaubhaft zu der verlangten Unterlassung verpflichten.

    – dass zu hohe Werte angesetzt wurden, um deulich überhöhte Beträge in wohl täuschender Absicht zu kassieren.

    – dass U+C schon seit Jahren ihr Unwesen treiben und es in keiner Weise drum geht, wirklich Rechteinhaber zu schützen, sondern massenhaft und durch massive Nötigungen wie „Pornopranger“-Drohungen Zahlungen von juristischen Laien zu bewirken.
    Aber schön, dass solche Pornopranger-Gesellschaften mit gerichtlicher Hilfe schnell an die Adressen Internetsurfern kommen, die man dann erpressen kann.

    – das Justiz und Politik solche Praktiken seit Jahren zu dulden scheinen.

  9. Könnte sich nicht ein Geschädigter melden,der sich mit Unterstützung Vieler
    einen Musterklage gegen U-C anstrengt?

  10. Ist es nicht Wahnsinn im Artikel die Seite RedTub auch noch zu verlinken?

    Klick ein Leser drauf und kommt versehendlich auf einen Clip der aus der Startseite verlinkt ist, kommt der von irgendwo her ein Betrüger gekrochen, der im eine Urheberrechtsverletzung unterstellt und das Gericht für seinen Betrug zwecks Datenabfrage einspannt.

  11. Meine Partnerin ist 67 Jhare alt und hat angeblich 2 Pornos gestreamt und wird jetzt abgemahnt. Die gute Frau ist völlig überrascht wie es dazu kommt, da sie weder jemals einen solchen Film angesehen hat noch die einschlägigen Webseiten kennt.
    Wie kommen die Leute an die IP-Adresse?

  12. Nun, es gibt 2 Möglichkeiten:
    1. Honeypot mit infizierten Seiten (Malware).
    2. Eine veraltete IP-Adresse, die auf der Honeypot-Weiterleitungs-Seite erschnüffelt wurde, die mittlerweile nach so langer Zeit, bereits einem anderen Kunden zugewiesen wurde oder war. In ihrem Fall, ihre Partnerin hat nun diese veraltete IP-Adresse eines anderen Kunden.

  13. An eine IP kommt man doch leicht.

    Jede Seite, die Sie besuchen, hat Ihre IP-Adresse und den Zeitpunkt und könnte damit in betrügerischer Absicht zum Gericht rennen und behaupten, man habe diese IP zum Zeitpunkt x bei einer Urheberrechtsverletzung an eigenen Werken ausfindig gemacht und möchte daher gerne die Namens- und Adressdaten abgefragt haben.

    Abgesehen davon, dass hier nicht mal eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, wenn Ihre Partnerin diesen Film auf RedTube gesehen hätte, ist es für U+C typisch, dass bei einem Grossteil der Betroffenen der Vorwurf fehlerhaft oder gar frei erfunden ist.

    Ich würde dort gleich einen Strich drunter setzen und mich durch negative Feststellungsklage wehren….

    Auch andere Anwälte berichten übrigens folgendes:
    “ Eine große Zahl – um nicht zu sagen fast alle – Empfänger der Schreiben beteuern uns gegenüber, dass sie definitiv keine Pornos auf redtube angeschaut haben. “
    http://www.lawblog.de/index.php/archives/2013/12/06/streaming-abmahnung-mit-vielen-fragezeichen/

  14. Nachtrag :IT Guards ist die Briefkasten-Ermittlungs-Firma, die die IP-Adressen illegal beschafft und übermittelt hat.

  15. Das ursprünglich geplante ,einigermaßen sinnvolle Urheberrechtsschutzgesetz wurde von Bernd Neuman, Staatsminister für Kultur (LOL) so verwässert, dass sich die Möglichkeiten Millionen Euro mit der Verelendung anderer Bürger zu verdienen für diese furchtbaren Juristen noch gesteigert wurden. Und wenn dann ein lebensferner Richter mit Nitendo Erfahrung in der Sache beschäftigt ist, dann kann man sich eben jede illegale Sauerei leisten um rechtswidrig an Daten zu kommen. Bernd Naumann ist, klarerweise bei der CDU, eine Partei die auch dafür verantwortlich ist, dass die UN Richtlinie gegen Korruption von Parlamentariern seit 2003 strikt verweigert wird. Als einziges Land westlichen Demokratieverständnisses auf der ganzen Welt. Wird verständlich, wenn man die fieberhafte Lobby Arbeit vieler unser Parlamentarier unter die Lupe nimmt.

  16. Die Abmahnung ist offensichtlich allein auf Grund eines Formfehlers UNWIRKSAM, bzw. noch unwirksamer!
    ” Rechtsanwalt Thomas Stadler weist auf handwerkliche Mängel hin: Die Abmahnung beachte die neuen Vorgaben nach Paragraf 97a Abs. 2 UrhG nicht ausreichend. Demnach muss der Abgemahnte im Text klar darauf hingewiesen werden, falls die vorgeschlagene Unterlassungserklärung über die beanstandete Urheberrechtsverletzung hinausgeht. Dies hat die Kanzlei U+C versäumt, deshalb seien die Abmahnungen komplett unwirksam, so Stadler. ”

    und weiter…
    ” Darüber hinaus könnten sich Betroffene sogar eventuell entstandene Anwaltskosten zur Abwehr gemäß Abs. 4 des Paragrafen bei The Archive AG wieder zurückholen. ”

    Quelle:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/Porno-Streaming-Erste-Details-zur-riesigen-Redtube-Abmahnwelle-2063753.html

  17. Mich erinnert die ganze Angelegenheit an eine sehr ähnlich laufende Aktion, ausgehend von Kösching bei Ingolstadt (unweit von Regensburg), nämlich den sog. „Telefonbuch Verlag“.

    Vor ca. 5 Jahren hat eine mehr als dubiose Bande Adressen von kleinen Unternehmen abgegriffen (auch über Amtswege) um mit täuschenden Formularen per Fax Rückantworten zu bekommen, die einen Eintrag in das damals x. Telefonbuch (zahlreiche andere Telefonbücher existierten bereits) mit völlig überzogenen Kostenforderungen (über. 900,-€) ermöglichten. Der Absender nannte sich Telefonbuch Verlag, ohne bekannten Eintrag ins Handelregister oder gar als GmbH. Neben der über 2 Jahre hinweg gehenden, wiederholten Forderung deren Anwälte ließen sich die Verantwortlichen stets verleugnen. Dieses wertlose Telefonbuch gab es dann wirklich. Mittels einer Anfechtungserklärung konnte mit Hilfe eines Anwalts die Forderung abgewiesen werden, trotz meiner ergaunerten Unterschrift auf dem Fax. Die eingeschaltete Staatsanwaltschaft hat mich allerdings enttäuscht.

    Leider erzeugen solche Abmahnungen auch stets Anwaltskosten, also verdienen alle daran. Es ist wie mit den Computerviren? Hier ist dringend mehr gesetzlicher Schutz (wo bleiben die Datenschutzbeauftragten?) und Gewissenhaftigkeit der Amtstellen erforderlich. Die leichtfertige Adressenherausgabe sollte trotz NSA stärker rechtlich geschützt werden.

  18. Insgesamt bekommt man bei der ganzen Angelegenheit ein sehr ungutes Gefühl.

    Nachdem, was ich bislang gelesen habe, ist vermutlich der Abgemahnte irgendwie immer der Dumme.

    Klar, er kann sich gegen die Abmahnung wehren und es auf einen Prozess ankommen lassen. Insbesondere könnte man eine negative Feststellungsklage erheben (was ich auf jeden Fall tun würde, allein um Recht zu bekommen). Wenn das alle Abgemahnten machen, dann ist die Geldquelle für den Rechteinhaber und seinen Rechtsvertreter ausgetrocknet. Insoweit gut für die Abgemahnten. Schlecht: Vermutlich würde der Rechteinhaber dies nicht lange wirtschaftlich überleben. Dann bleibt der Abgemahnte auf den Gerichtskosten und seinen Anwaltskosten sitzen.

    Die Frage wäre allerdings was bei folgendem Vorgehen passiert: Es wird ein Musterschreiben ins Internet gestellt (eine Kanzlei hat das schon getan). Und alle Abgemahnten nutzen dieses Schreiben. Dann bliebe abzuwarten, ob wirklich in jedem Fall Klage erhoben wird. Allerdings bleibt dabei immer noch ein gewisses Kostenrisiko.

    Die Schräglage in diesem Fall ist, dass man die Anwaltsbüros kaum zu fassen bekommt. Ob die Anträge auf Herausgabe der IP-Adresseninhaber mit geltendem Recht vereinbar waren oder ob ein Verstoß gegen das Standesrecht vorlag, müssen die betroffenen Kammern entscheiden.

    Wenn ich den einen veröffentlichten Beschluss betrachte, dann muss ich sagen, dass sich zumindest hier das LG Köln nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat. Betroffenen bleibt letztlich nur, Rechtsmittel gegen den Beschluss einzulegen. Nur viel bringen wird es nicht, außer sehr viel Arbeit für das OLG. Was man zudem noch machen kann, sind Dienst- und Fachaufsichtsbeschwerden gegen die Richter und Eingaben an das Justizministerium in Düsseldorf und beim Petitionsausschuss des Landes NRW. Damit würde man sehr viel Arbeit für das LG verursachen. Bringen tut es den Betroffenen nichts. Ich würde es vermutlich nicht tun. Denn ich habe ein ganz klein wenig Verständnis für die betroffenen Richter. Diese Beschlüsse sind letztlich ein Massengeschäft. Und nicht jeder Richter ist da hinreichend technisch ausgebildet. Und so kommt eines zum anderen.

    Was man noch tun kann? Nun, die Datenschutzbehörden einschalten. Denn IP-Adressen sind personenbeziehbare Daten und dürfen nur gespeichert werden, wenn der Nutzer der Speicherung zugestimmt hat. Hierzu gibt es Rechtsprechung.

    Was bleibt: Letztlich ein erheblicher Vertrauensverlust in den Rechtstaat. Und das wurde von den Beteiligten einschließlich des LG Köln wohl mehr oder minder einfach in Kauf genommen.

    Ich glaube, dass der Gesetzgeber hier noch einmal tätig werden muss. Insbesondere müssen die Rechtsanwälte, die solche Massenabmahnungen führen, viel stärker in die Haftung genommen werden. Insbesondere muss der Vergütungsanspruch verloren gehen, wenn die berechneten Gebühren bei objektivierter Betrachtungsweise deutlich zu hoch sind. In diesem Fall muss auch eine Verpflichtung zum Ersatz der Prozesskosten entstehen.

    Gruß
    Thobie

  19. Abmahnung wegen: Urheberrechtsverletzung wegen ungenehmigter öffentlicher Ausstrahlung des Senders Sky in einer Gastwirtschaft Rechteinhaber: Sky Deutschland Fernsehen GmbH & Co KG Abgemahntes Werk: Öffentliche Zugänglichmachung des Senders Sky Geforderter Betrag: 2900, 00 € oder 1400, 00€, wenn Vertrag mit Sky abgeschlossen wird Haben auch Sie eine Abmahnung der Rechtsanwälte JBB aus Berlin erhalten? Wir helfen […] weiterlesen!

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