Unerlaubte Rechtsdienstleistungen durch Verbrauchervereine?

Im Netz finden sich immer mehr Vereine, die Verbrauchern gegen Entgelt helfen wollen, Filesharing Abmahnungen abzuwehren. Es stellt sich die Frage, ob die Grenzen zur erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung überschritten werden.

Die „Verbrauchervereine“ haben in der Regel keine Erlaubnis zur Erteilung von Rechtsdienstleistungen.

Keine Ausnahmeregelung einschlägig

Es liegt auch keine Ausnahmeregelung gem. §§ 5 ff. RDG vor.  

Keine Nebenleistung im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten

§ 5 RDG ist nicht anwendbar. Keiner besonderen behördlichen Erlaubnis bedürfen sog. Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten, wenn sie als Nebenleistungen zum Berufs- oder Tätigkeitsfeld gehören. Gemeint ist hiermit etwa der Architekt, der den Bauherrn in baurechtlichen Fragen berät oder der Betriebswirt als Unternehmensberater, der ein Unternehmen in insolvenzrechtlichen Fragen berät. Die Verbrauchervereine gehören in der Regel nicht zu dieser Kategorie, da sie kein eigenes anderes Tätigkeitsfeld vorweisen können.  

Abmahnung Verbraucherschutz

Keine Unentgeltlichkeit

§ 6 RDG ist auch nicht anwendbar. Unentgeltliche Rechtsdienstleistungen, die im Rahmen familiärer, nachbarschaftlicher oder ähnlich enger persönlicher Beziehung erbracht werden, sind ohne weitere Beschränkungen immer zulässig, § 6 Abs. 1 RDG. Die angebotenen Leistungen werden von den Verbrauchervereinen aber  nicht unentgeltlich angeboten. Meist wird eine Aufnahmegebühr und ein Jahresbeitrag fällig. Die Angebote sind jeweils so zu verstehen, dass der zu zahlende „Mitgliedsbeitrag“ als Gegenleistung für die angebotenen Dienstleistungen zu sehen ist.

Keine zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigung

Auch die Ausnahmevorschrift des §7 Abs. 1 RDG, die Rechtsdienstleistungen durch berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse zulässt, greift nicht ein. Denn auch insoweit gilt, dass eine Rechtsdienstleistung nur zulässig ist, wenn ihre Erfüllung gegenüber den übrigen satzungsmäßigen Aufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung ist. Letzteres ist im Falle der Vereine nicht der Fall. Die Tätigkeitsfelder sind meist allesamt auf die juristische Beratung ausgelegt. Als Hauptbeispiel für § 7 Abs. 1 RDG wird stets der ADAC herangezogen. Dieser bietet zahllose weitere Tätigkeitsfelder wie Interessenvertretung auf politischer Ebene, Information und Aufklärung, technische Hilfsleistungen, Schulungen etc. an. All diese vorbezeichneten Tätigkeiten werden von den Verbrauchervereinen nicht angeboten. Darin besteht der grundlegende Unterschied.

Selbstständiges Anbieten von Rechtsdienstleistungen?

Somit stellt sich die Frage, ob tatsächlich ein selbstständiges Anbieten von Rechtsdienstleistungen gem. § 2 Abs. 1 RDG vorliegt.

Gem. der Legaldefinition § 2 Abs. 1 RDG ist Rechtsdienstleistung jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Es erscheint bereits fraglich, ob die Verbrauchervereine eine konkrete rechtliche Prüfung des Einzelfalls vornehmen. Dafür lohnt ein Blick in deren Satzung. 

Allgemeine Aufklärung über die Rechtslage

Laut Satzung wird meist darauf hingewiesen, dass lediglich allgemein über die Rechtslage aufgeklärt würde. Die Vereine selbst distanzieren sich von den juristischen Prüfungen im Einzelfall. Es heisst dann oft, der Verein nehme ansonsten keine rechtliche Prüfung einer konkreten fremden Angelegenheit vor. Vielmehr arbeite der Verein

„Zur Durchsetzung der Verbraucherrechte im Einzelfall mit Rechtsanwälten zusammen, die erforderlichenfalls von den Verbrauchern mit ihrer außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung beauftragt werden können.“

Rechtlicher Grenzfall

Hier handelt es sich um einen „Grenzfall“. Das OLG Frankfurt (Urteil v. 21.09.2010, Az.: 6 U 74/10) geht davon aus, dass

„der Annahme einer Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 RDG auch nicht entgegensteht, dass die angebotenen rechtlichen Prüfungen nicht selbst, das heißt durch eigene Mitarbeiter durchgeführt, sondern dazu auf mit ihr vertraglich verbundene Rechtsanwälte zurück greift. Denn  eine vorgenommene Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten wird nach der Rspr. des BGH nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Handelnde sich dabei der Hilfe eines Rechtsberaters bedient (BGH, Urteil v. 24.06.1987, I ZR 74/85).“ Grund dafür ist das Haftungsrisiko, denn Für Vereinigungen, die sich mit Rechtsberatung und Rechtsbesorgung befassen, gelten insoweit grundsätzlich die gleichen Sorgfaltsanforderungen wie für einen Rechtsanwalt, vgl. BGH, Urteil v. 29.07.2009, I ZR 166/06).“

Dies wäre dann der Fall, wenn der Mitgliedsbeitrag als Gegenleistung für eine angebotene Rechtsdienstleistung zu sehen ist. Wenn ein Anspruch auf eine angebotene Rechtsdienstleistung allein durch die Mitgliedschaft begründet wird und die Rechtsdienstleistung letztlich von RAe erbracht wird, die vertraglich an den Verein gebunden sind, dann handelt es sich um eine Rechtsdienstleistung (vgl. auch LG Darmstadt, Urteil v. 24.06.2010, Az.: 3 O 165/10).

Fazit

Der Verbrauchervereine bieten laut ihrer Satzungen keine selbstständige Rechtsdienstleistung i.S.d. § 2 Abs. 1 RDG an. Sie informierten lediglich allgemein – laut Satzung. 

Nach den eindeutigen Wortlauten der Satzungen muss für den konkreten Einzelfall in der Regel ein RA gesondert beauftragt werden. Wenn allerdings eine rechtliche Beratung ein konkreten Einzelfällen erfolgt, dann liegt eine (erlaubnispflichtige) Rechtsdienstleistung vor. In diesem Fall läge ein Verstoß gegen das RDG vor, was zu beweisen wäre.

Stoll Ass.iur, RA Gulden

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Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins

6 Kommentare

  1. „Wenn allerdings eine rechtliche Beratung ein konkreten Einzelfällen erfolgt, dann liegt eine (erlaubnispflichtige) Rechtsdienstleistung vor. “

    Das dürfte regelmäßig der Fall sein. Die ganzen schönen Worte dienen nur der Bemäntelung.

  2. Haben Sie einmal versucht, Ihre Webseite auszudrucken? Ist das zerhackte Outfit Absicht? MfG

  3. Hallo Herr Richter,

    meinen Sie mit dem „zerhackten Outfit“ den kaum sichtbaren Strich auf der linken Seite, wenn es zum Ausdruck kommt? Wenn Sie diesen Strich meinen, dann kann ich Ihnen mitteilen, dass dabei keine Absicht dahinter steckt, sondern dies den permanenten technischen Fortentwicklungen geschuldet ist, unter denen ein Blog tagtäglich zu leiden hat. Wir sind allerdings zuversichtlich, dass wir dieses „Strich-Problem“ in Bälde in den Griff bekommen werden.

    Gruß aus Mainz

  4. Hmm, nein, beim Ausdruck (Safari bzw. Firefox) auf Mac-System geht hier gleich die halbe Seite mit über den Jordan. Seltsam. Klasse übrigens Ihr Symbol für „Leidenschaft“ … 🙂

  5. Und was tun Sie dagegen, Herr Kollege? Einfach hinnehmen, dass Nichtjuristen sich am Telefon als Anwälte ausgeben und die Leute mit Mitgliedsbeiträgen abzocken?

  6. Nichts! Konkurrenz belebt doch das Geschäft und die eigene Kreativität. Wir haben auch keine Zeit, uns mit solchen „Verbrauchervereinen“ tiefegehend auseinanderzusetzen. So etwas macht man doch in der Regel nur dann, wenn das eigene Geschäft nicht läuft. Das liegt aber nicht an solchen Nichtjuristen oder an den bösen direkten Konkurrenten, sondern an der eigenen mangelhaften Akquise. Kollege? Ich kenne bisher nur die Kaffeekette StarBucks.

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