Das Beleidigen, Mobben und Stalken von Personen, insbesondere über Soziale Netzwerke, scheint sich zu einem neuen Volkssport zu entwickeln. In einem unserer Artikel – TikTok – Cyber-Mobbing, Cybergrooming & Urheberrechte – haben wir uns dafür stark gemacht, dass sich Betroffene zur Wehr setzen sollen.
Die bekannte deutsche Hochspringerin Ariane Friedrich scheint sich dies zu Herzen genommen zu haben. Laut eines inzwischen nicht mehr einsehbaren Eintrages auf ihrer Facebook-Pinwand hat sie von einem Mann ein Foto, welches vermutlich einen Penis zeigen sollte, aber von ihr nicht geöffneten worden sei, mit den Worten „Willst du mal einen schönen Schwxxx sehen, gerade geduscht und frisch rasiert“ übersendet bekommen.
Nach eigenen Angaben sei dies kein Einzelfall und weil sie nun die Nase voll habe, hatte sie sich dazu entschlossen die private Nachricht unter Nennung des Namens und des Wohnortes des Absenders zu veröffentlichen.
Nun stellt sich die Frage, darf man das? Auf den ersten Blick könnte man meinen, die Dame hat alles richtig gemacht. Mobilisier die Massen und hetz die Sau durchs Dorf. Gerechte Strafe für so einen Perversen. Wie oben angesprochen, plädieren wir auch dafür, dass man gegen Stalker und Mobber vorgehen muss. Es kommt aber auf das Wie an.
Ein Zwang zu Klarnamen in sozialen Netzwerken, auch wenn dies Teile der Regierung gerne hätte, besteht noch nicht. Jede Person kann sich einen Facebook-Account unter einem x-beliebigen Namen anlegen. Weder der Name noch die Ortsangaben werden überprüft. Der von Frau Friedrich angegebene Wohnort existiert in Deutschland dreimal. In zwei der drei Orte leben mindestens zwei Personen, die den genannten Namen tragen. Damit haftet mindestens drei Personen zu Unrecht der Makel eines Stalkers an.
Hat sich Frau Friedrich mit Veröffentlichung der Nachricht, des Namens und des Wohnortes strafbar gemacht? Dies würde ich hier ausschließen. Es könnte eine Verleumdung § 187 StGB in Betracht kommen. Hierzu müsste sie aber wissentlich eine falsche Tatsachenbehauptung veröffentlichen. Bis jetzt ist nicht geklärt, ob der Angesprochene der Täter ist.
Wenn sich herausstellt, dass der Betroffene nicht der Täter ist, hat er gegen Frau Friedrich einen Anspruch auf Unterlassung und ggf. auf Schadensersatz. Falls es sich tatsächlich um den Täter handeln sollte, könnte dessen Nachricht der Geheimsphäre unterliegen und somit die Veröffentlichung eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. Das LG Köln hatte in einem Fall (28 O 178/06) entschieden, dass „die Veröffentlichung der streitgegenständlichen E-Mails des Klägers auf der Internetseite des Beklagten einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Gestalt der Geheimsphäre darstellt. Die Geheimsphäre betrifft den Bereich menschlichen Lebens, der der Öffentlichkeit bei verständiger Würdigung nicht preisgegeben werden soll.“
Dem gegenüber steht die „Tagebuch“ Entscheidung des BVerfG (2 BvR 1062/87). In dieser Entscheidung weigerte sich das Bundesverfassungsgericht die Inhalte dem absoluten geschützten Bereich persönlicher Lebensgestaltung zuzuordnen, weil der Beschwerdeführer seine Gedanken niedergeschrieben und mit einer dritten Person geteilt hatte. Damit hätten diese Gedanken das beherrschbare Innenleben des Verfassers verlassen und somit hätte er die Gefahr des Bekanntwerdens in Kauf genommen.
Eine eindeutige Vorhersage, wie ein solches Verfahren ausgehen würde, kann man nicht treffen.
Jedoch kann man festhalten, dass das Vorgehen der Frau Friedrich, die im Übrigen Polizeikommissarin ist, nicht besonders geschickt und moralisch bedenklich ist. Was passieren kann, wenn man eine falsche Person einer Straftat bezichtigt, hat der Facebook-Lynch-Skandal von Emden gezeigt.
Ich möchte in keinster Weise Stalker oder Mobber in Schutz nehmen, sondern vor den Folgen zu schneller Vorverurteilung warnen.