Das Google Urteil des EuGH hat mächtig Staub aufgewirbelt in den letzten Tagen und keiner weiß so genau, welche Auswirkungen dieses Urteil in Deutschland und in Europa haben wird. In jedem Fall wird dem Urteil weltweite Beachtung geschenkt. Anfragen von der New York Times haben auch wir nicht jeden Tag 🙂
Nun wollen wir uns einmal mit der entscheidenden Frage auseinandersetzen, welche Daten der EuGH eigentlich schützen will?
Bei der Lektüre des Urteils wird klar, dass es um nichts anderes geht, als den Schutz der Privatsphäre der Verbraucher. Vorgestern habe ich noch gemutmaßt, dass sich möglicherweise auch Unternehmen auf das Urteil berufen können, was ich mittlerweile aber eher als unwahrscheinlich betrachte. Der EuGH hat sich ausdrücklich auf den Schutz der Verbraucher beschränkt.
Welche Daten sind nun von dem Urteil erfasst?
Der EuGH erklärt, dass alle personenbezogenen Daten in diesem Zusammenhang relevant sein können, die direkt oder indirekt zu einer Identifizierung einer Person führen können.
„Mutter“ aller personenbezogenen Daten ist der Name einer Person
Ausdrücklich genannt wird sodann der Name einer Person. Der Name einer Person kann in diesem Zusammenhang als „Mutter“ aller personenbezogenen Daten im Sinne des EuGH Urteils angesehen werden.
Wird also der Name eines Verbrauchers genannt, ist das Spiel eröffnet.
Nun stellt man sich zurecht die Frage, ob Google bei jeder Namensnennung zur Entfernung verpflichtet ist. Dies würde ich nach eingehender Prüfung verneinen, wenn Google ein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an der Vorhaltung des Links nachweisen kann.
Der EuGH führt aus, dass die betroffene Person, die einen Link entfernt haben möchte, ein so genanntes Recht darauf hat, dass die Information über sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr in der Ergebnisliste auftaucht und mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird.
Welches Recht meint der EuGH?
Die Person, die sich in den Ergebnislisten wieder findet, muss also einen Grund haben für die Entfernung des Links. Die möglichen Gründe sieht der BGH in den verbrieften Rechten der Artikel 6, 7 und 8 der Richtlinie.
In diesen Artikeln wird der Schutz des Privat und Familienlebens der Kommunikation und der Schutz personenbezogener Daten manifestiert.
Das bedeutet, dass ich als Betroffener zunächst eine Gefährdung meines Privat und Familienlebens oder in der ungestörten Kommunikation vortragen muss oder aber des Schutzes meiner personenbezogenen Daten.
Nach dem derzeitigen Ergebnisstand gehe ich davon aus, dass es ausreichend ist, wenn der Betroffene einen Lebenssachverhalt vorträgt, der nicht gänzlich abwegig ist.
Beispiel:
Max Müller, 48, Leonie 7 und Henry 10 auf dem Dorfbrunnenfest 1998 in Kleinstadt. Der Reporter kommt vorbei und macht ein Bild von der Familie und dieses Bild erscheint samt Text auch in der Online-Zeitung. Im Jahr 2014 ist der Beitrag online zu finden, wenn man den Namen Max Müller eingibt. Max Müller will das nicht. Zeitung ja, Internet heute nicht mehr. Seine Familie ginge schließlich niemanden etwas an.
Lösung:
In diesem Fall beruft sich Max Müller auf den Schutz der Familie und auch auf den Schutz der Privatsphäre.
Das reicht nach dem EuGH Urteil aus. Es muss kein Schaden eingetreten sein. Im nächsten Schritt muss nun geprüft werden, ob Google nun verpflichtet werden kann, den entsprechenden Link zu entfernen.
Der EuGH erklärt, dass dies grundsätzlich immer der Fall ist, wenn der Betroffene sich auf eines der geschützten Rechte berufen kann und Google auf der anderen Seite kein berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit an den Bestand des Links vortragen kann.
Google muss sich also rechtfertigen
Glücklicherweise wird der EuGH in diesem Zusammenhang etwas konkreter und nennt ausdrücklich drei Ausnahmen, die den Bestand des Links rechtfertigen. Der Zugang zu der betreffenden Informationen muss für die Öffentlichkeit historisch, statistisch oder wissenschaftlich bedeutend sein.
Für unseren Fall käme für Google als Rechtfertigungsgrund die historische Bedeutung in Betracht. Das Dorf Brunnenfest in Kleinstadt stellt ein historisches Ereignis dar. Allerdings interessiert das Dorf Brunnenfest in Kleinstadt nur die Bürger in Kleinstadt und Umgebung, nicht jedoch die Öffentlichkeit im Sinne des Internets.
Ergebnis:
Google müsste den Max-Müller-Link entfernen.
Zusammenfassung:
Google muss alle Links entfernen,
- die den Zugang zu personenbezogene Daten ermöglichen durch Eingabe des Namens
- und der Betroffene insb. sein Privatleben/Familienleben dadurch gefährdet sieht (Vortrag reicht)
- kein öffentliches Interesse historischer, statistischer oder wissenschaftlicher Art an der Information vorliegt
Diese drei Voraussetzungen müssen in jedem Einzelfall geprüft werden. Punkt 3) wird künftig die Gerichte beschäftigen.
Eine endlose Geschichte. Mich wundert nur die Aufregung, weil ein Betroffener
( nicht: Kunde ) ein Schnipselchen jahrzehntealten Datenmülls entfernt haben will. Wen interessiert der alte Kram ?
Immerhin gibt es Leute, die an einer lückenlosen Erfassung auch von
Datenmüll ein berufliches Interesse haben.
Google wird jetzt eine neue Abteilung organisieren müssen, um weitere Qualitätskontrollen durchzuführen. Dem vor einigen Jahren initiierten Projekt Panda waren etwa einige hundert Websites in Deutschland „zum Opfer gefallen“.