Wild, Wild, West? – Googles neue Datenschutzerklärung

Googles brandneue Erklärung und Offenbarung der Datennutzung tritt heute in Kraft. Sechzig Datenschutzbestimmungen werden zu einem Gesamtpaket zusammengefasst. Google selbst spricht von einer Datenschutzerklärung. Die Presse von einer Datenschutzrichtlinie.

Formal betrachtet ist beides falsch oder zumindest verwirrend. Von einer Datenschutzerklärung erwartet der Nutzer die Zusicherung, dass seine Daten geschützt werden. Das genaue Gegenteil hat Google nun kodifiziert. Richtlinien werden gemeinhin auf europäischer Ebene veranlasst und richten sich an die Mitgliedstaaten. Nun ja.

Von Youtube über das soziale Netzwerk Google+ bis Googlemail werden sämtliche Nutzerdaten von insgesamt 70 Internetdiensten fortan zusammengeführt. Ohne Zustimmung zur Datenschutzerklärung können die Dienste nicht mehr genutzt werden. Aber keine Angst! Die Zustimmung ist nicht mit schweisstreibender Arbeit verbunden, sondern geschieht passiv durch die Nutzung der Google-Dienste. Wer die Muße hat kann sich einmal einlesen, welche Spuren man als User bei der Nutzung der Dienste hinterlässt :Googles neue Datenschutzerklärung

Was für ein Glück, dass es solche Saubermänner wie Google gibt, die alles aufräumen und zusammenführen, damit nichts verloren geht.

„Wir geben keine personenbezogenen Daten an Unternehmen, Organisationen oder Personen außerhalb von Google weiter, außer in einem der folgenden Umstände..“ so steht es geschrieben in der neuen Erklärung. Dieser Satz bedarf keiner weiteren Erklärung.

Auszug der gespeicherten Daten:

Gerätebezogene Informationen

Protokolldaten

  • Einzelheiten zu der Art und Weise, wie Sie unsere Dienste genutzt haben, beispielsweise Ihre Suchanfragen.
  • Telefonieprotokollinformationen wie Ihre Telefonnummer, Anrufernummer, Weiterleitungsnummern, Datum und Uhrzeit von Anrufen, Dauer von Anrufen, SMS-Routing-Informationen und Art der Anrufe.
  • IP-Adresse.
  • Daten zu Geräteereignissen wie Abstürze, Systemaktivität, Hardware-Einstellungen, Browser-Typ, Browser-Sprache, Datum und Uhrzeit Ihrer Anfrage und Referral-URL.
  • Cookies, über die Ihr Browser oder Ihr Google-Konto eindeutig identifiziert werden können
Standortbezogene Informationen
  • Eindeutige Applikationsnummern

    Bestimmte Dienste haben eine eindeutige Anwendungsnummer. Diese Nummer und installationsspezifische Daten, wie zum Beispiel Art des Betriebssystems oder Anwendungsnummer der Version, werden möglicherweise bei der Installation oder Deinstallation des entsprechenden Dienstes an Google gesendet oder wenn der Dienst zum Beispiel wegen automatischer Updates Kontakt mit unseren Servern aufnimmt.

  • Lokale Speicherung

    Gegebenenfalls erheben und speichern wir Informationen (einschließlich personenbezogene Daten) lokal auf Ihrem Gerät, indem wir Mechanismen wie beispielsweise den Webspeicher Ihres Browsers (einschließlich HTML 5) und Applikationsdaten-Caches nutzen.

  • Cookies und anonyme Kennungen

Was bedeutet nun die Offenbarung Googles für den Homo Sapiens?

Namen, Mailadresse oder auch die Kreditkartennummer sowie sein Standort sind Google bekannt. Muss er sich vor der Allwissenheit Googles fürchten? Liegt gar eine Entmündigung des Homo Sapiens vor? Nein!

Google will ihm nur Gutes tun. „Bessere Ergebnisse“ liefern auf seiner Suche nach Beute im Dschungel der virtuellen Welt. Personalisierte Werbung bedeutet für Google höhere Profite. So erhoffen sie es sich zumindest. Fraglich ist jedoch, wie nachhaltig dieses Instrument der personalisierten Werbung ist, wenn der Nutzer immer wieder mit den gleichen Produkten zugemüllt wird. Zumindest der Homo Sapiens könnte das Interesse an der Nutzung des jeweiligen Dienstes verlieren, da er selbst weiß, was ihn interessiert und was nicht. Der denkende Mensch – Googles Supergau!

Was aber ist mit dem Homo Stupidus, der durch die Zusammenführung der Daten zum Google-Sklaven mutieren könnte? Kann auch er überleben? Er könnte alternative Dienste zu Google nutzen, aber: keine Firma hat weder in der virtuellen noch in der realen Welt etwas zu verschenken. Auch andere, kostenfreie Dienste werden ihn mitsamt seiner Daten versklaven.

Womöglich könnte er juristische Mittel gegen Google einlegen? Er könnte den Datenschutz anführen, der in seinem europäischen Lebensraum Geltung in Anspruch nimmt. Fraglich ist nur, ob ihn die Menschen auf dem amerikanischen Kontinent verstehen werden. Vielleicht hören sie ihn gar nicht erst?

Hilfe ist in Aussicht?! Eine Europäischen Datenschutz-Grundverordnung ist bereits in Planung. Aber was soll diese bringen? Es wird Jahre dauern, bis es zu einer Umsetzung kommt. Die Querelen um ACTA offenbaren die Ohnmächtigkeit von Politik und Gesetzgebung gegenüber den neuen Techniken. Kritiker fordern bei Verstößen gegen das deutsche Datenschutzrecht Blockaden, die von den Providern durchgeführt werden sollen. Ein Schrei nach der Zensur!
Werbeblocker, Cookie-Filter, Schutz gegen Tracking-Scripte, all das könnte der Homo Stupidus anwenden, um sich zu schützen. Nachteil: Die Usability leidet darunter. Das mag er meist nicht.

Doch es gibt Licht am Ende des Tunnels:

„Konto schließen und alle damit verknüpften Dienste und Informationen löschen“, so Google in seiner Erklärung.

Google humanus est!


Von Karsten Gulden

Rechtsanwalt, Mediator & Konfliktberater - Leitgedanke: Achtsame Kommunikation ist der Bund menschlichen Daseins